Die Recherche-Show - © Foto: Nikolaus Ostermann

Volkstheater: Kurzweilig in eine neue Ära

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Der Jänner-Spielplan des Volkstheaters klang vielversprechend: Mit Ernst Jandl, Thomas Bernhard und Samuel Beckett wollte der neue Direktor Kay Voges seine erste Saison im renovierten Haus am Arthur-Schnitzler-Platz eröffnen, doch daraus wurde aus bekannten Gründen nichts. Mit Verspätung startete dennoch letzten Freitag das „Volkstheater in den Bezirken“; als Online-Premiere erreichte es ortsunabhängig sein Publikum. Die Kooperation mit dem Grazer Theater im Bahnhof gestaltete sich als kurzweilige „Recherche-Show“ – nein, nicht über Corona, sondern über Dietrich Mateschitz’ Red-Bull-Konzern.

Die Basis bilden die Recherche-Ergebnisse des Magazins Dossier, das dem Erfolg des ehemaligen Blendax-Verkäufers aus dem steirischen St. Marein mit seinem weltweit bekannten Energy-Drink auf den Zahn fühlt. Der Unternehmer, der seinen Angestellten Schweigegebote auferlegt und Politiker wie Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger und Martin Bartenstein zu seinen Freunden zählt, bietet reichlich Material für die gelungene Polit-Satire. Frei nach „Talk im Hangar-7“ treffen einander „Moderatorin“ Pia Hierzegger und die geladenen Gäste (Julia Franz Richter, Martina Zinner, Rupert Lehofer) im Studio 2 des Volkstheaters. Mit fescher Chris-Lohner-Frisur schenkt Hierzegger ihren Gesprächspartnern Red Bull ein, die „Familie“ ist etabliert. Ihren Ansichten entsprechend tragen sie Schwarz-Weiß, gerne auch kleinkariert. Zum taurinhaltigen Getränk serviert Rupert Lehofer Stier-Hoden aus der Steiermark, welche einheimische Superkraft verleihen sollen. Klug bedient Regisseur Ed. Hauswirth die digitalen Möglichkeiten, auch ist Dossier-Journalist Georg Eckelsberger zugeschaltet.

Ihm geht es um die Widersprüche in der Erfolgsstory des nach Gummibärli riechenden Getränks, das erst durch den Zusatz von Alkohol berühmt wurde. Mit Wodka ist Red Bull längst zum Standard-Drink avanciert. Das Diktat der Extreme wird zum Running Gag der Show. „Extrem viel Zucker“ beinhaltet das auf „extrem viel Koffein“ basierende Getränk, das Extrem-Sportlern wie Felix Baumgartner zu ihren Leistungen verhilft. Was das Publikum davon hält, wird über Online-Votings abgefragt, sodass in der rasanten Show für gemütliches Zusehen keine Zeit bleibt. Selbst ein kurzes technisches Problem tut dem Abend keinen Abbruch, denn das Ensemble ist improvisationsgeschult und auch Journalist Eckelsberger lässt sich von der unterbrochenen Verbindung zu seiner Interviewerin nicht aus dem Erzählfluss bringen. Kurzweilig startet das Volkstheater in eine neue Ära.

Julia Danielczyk ist freie Theaterkritikerin.

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