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Weder Stalin noch Djilas

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Jugoslawien spielt im europäischen Kommunismus die Rolle eines marxistischen Pioniers, der unerschrok- ken politisches Neuland beschreitet und dessen Erfolg oder Mißerfolg das Geschehen in den übrigen kommunistischen Staaten Europas nicht unwesentlich beeinflußt. So ist das, was in Jugoslawien geschieht, immer auch von Bedeutung für das ganze kommunistische Lager unseres Kontinents. Aber die jüngsten Geschehnisse in Jugoslawien, von der Absetzung des Geheimdienstchefs Ran- kovit bis zur Verurteilung Mihaj- lovs, erscheinen dem Außenstehenden als so widerspruchsvoll, daß eine Deutung des Kurses, den Tito im Augenblick steuert, schwierig ist.

Mihajlov selbst tritt in einem noch vor seiner Verhaftung geschriebenen Artikel als Kassandra auf. Er meint — im Gegensatz zu allen westlichen Interpretationen —, die Absetzung von Rankovič bedeute keineswegs einen Schritt auf eine Liberalisierung hin, sondern sei als ein Versuch der Partei zu deuten, die Konkurrenz des Staatssicherheitsdienstes auszuschalten und ihre Macht zu stärken. Mihajlov sieht die alten Stalinisten wieder ihr Haupt erheben, prophezeit einen zusehends schärfer werdenden Kurs, eine Schwenkung nach Osten — das heißt nach der Sowjetunion — und die Rückkehr zu einer stalinistischen Wirtschaftspolitik.

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