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In Augenblicken der Gefahr

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Diese aus zwölf Erzählungen bestehenden Memoiren Philipp Schoel-lers, der im ersten Weltkrieg als Windischgraetz-Dragoner in den Karpaten und in Ostgalizien den Siegeszug und das bittere Ende der k. u. k. Armee miterlebte, unterscheiden sich wohltuend von den landläufigen Kriegserinnerungen, weil sie keine Glorifizierung des Krieges sind, vielmehr, von hohem Ethos getragen, immer und immer wieder das rein Menschliche hervorheben, das sich gerade in Augenblicken der Gefahr zu bewähren hat. In diesem Sinn berichtet Schoeller von Fronterlebnissen und von Begegnungen mit der Bevölkerung in den vom Krieg heimgesuchten Landstrichen. Mögen die Geschichten in Bauemhütten oder auf Schlössern spielen, stets aufs neue gelingt es in entscheidenden Situationen den Offizieren, durch verantwortungsvolles Verhalten in den Soldaten ein solches Zusammengehörigkeitsgefühl zu erwecken, daß jeder nicht nur Verständnis für die Nöte seiner den Schrecken des Krieges preisgegebenen Mitmenschen hat, sondern diesen auch aus den -lautersten Motiver bis zum letzten beisteht.

Für Schoeller ist der Krieg eine Katastrophe von ungeheurem Ausmaß, eine Schickung, in der jeder mehr denn je aufgerufen ist, das Gebot der Nächstenliebe zu verwirklichen. Ungemein eindrucksvoll wird in der Erzählung „Kerzen“ die Begegnung österreichischer Offiziere mit einer polnischen Aristokratin geschildert. Die alte Dame macht nach dem Aufheben der Tafel einem jeden ihrer Gäste, obgleich diese als Feinde ins Land eingedrungen sind, ein Kreuzzeichen auf die Stirne. Die Gestalt eines alten Grenzers ist in ihrer Art nicht minder faszinierend wie die berückende Naivität Cillis, eines Huzulenmädchens, das geradezu zur Personifikation der Landschaft wird. Und über diese am Waldrand der Karpaten gelegene Steppe Ostgalizieos hallen die melancholischen Weisen einer Hirtenflöte, die von den Einheimischen Tärogatö genannt wird. Mensch und Natur verschmelzen zur Einheit, und diese Einheit überdauert auch die Schrecknisse eines Krieges, in dem der Glanz der Donaumonarchie für immer erlosch.

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