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Ungeduld lehren

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ZEIT AUS DEN FUGEN. Werner Kraft, Aufzeichnungen S. Fischer, Frankfurt am Main 1968, DM 12.—.

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ZEIT AUS DEN FUGEN. Werner Kraft, Aufzeichnungen S. Fischer, Frankfurt am Main 1968, DM 12.—.

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Werner Kraft, 1896 in Braunschweig geboren, Freund von Else Lasker-Schüler, Rudolf Borchardt und Walter Benjamin, Bibliothekar, Literaturhistoriker, Essayist, Romancier, legt mit diesem Buch in zwölf Abschnitten Novellen, Essays, Skizzen, Maximen und Reflexionen vor. Krafts Prosa ist geprägt von Urbanität und Humanität, von europäischer Geistigkeit. Als diese Werte 1933 Deutschland verließen, nahm auch Kraft Abschied von Deutschland; er hat diese Werte in seinem Werk zum Ausdruck gebracht. Doch was gilt heute noch Europäischer Geist, was gelten Urbanität und Humanität? Was gilt das Wort des Weisen in der Welt von heute? Kraft weiß, daß das Wort des Weisen die Welt nicht verändert, „weil diese verändert war, bevor er sprach und damit er spreche“. Er ist wesentlich heimatlos. „Dem Wort des Weisen die ihm rein zugehörigen Handlungen beizustellen, ist die Aufgabe des ohne Weisheit auf Verwandlung der Welt gerichteten Menschen, damit der Weise seßhaft werde.“ Wird aber dieser Mensch diese Worte hören? Kraft diagnostiziert: „Zu belehren scheint die Menschheit nicht zu sein. So muß ihr immer stärkeres Unglück diktiert werden, bis dieses die Erkenntnis diktiert.“... „Das Gespräch verstummt,“;.... „Jeder stampft über 'jeden'Mt' Elefantenfüßen hinweg, Und “jeder ist an jeden unlösbar gebunden.“ .....Wenn die Toten reden

könnten, würden sie schweigen.“ Doch der letzte Abschnitt der „Zeit aus den Fugen“ heißt „Hoffnung“. Uns allen gilt Krafts Wort: „Gut, nein, böse, wir können nichts tun. Aber wir können in jedem Augenblick der Zeit dem Guten die Ungeduld beibringen.“

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