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102 Leutnants ausgemustert

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Allen Grund zur Freude gab es bei der diesjährigen Ausmusterung der frischgebackenen Leutnants an der Wiener Neustädter Militärakademie: Die 102 jungen Offiziere, die die umfangreichen und schwierigen Prüfungen bestanden haben, sind der lebende Beweis dafür, daß die Vertrauenskrise in Österreichs Landesverteidigung ihren Höhepunkt überwunden hat.

Freilich wird man einwenden, daß die Kurve des Interesses für den Offiziersberuf ein Spiegelbild der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung ist: Wenn die Arbeitsplätze in vielen Bereichen von der Stahlindustrie bis zur Textilbran-che wackeln, dann kommt der graue Rock über Nacht wieder in Mode.

Nicht zu leugnen ist aber, daß eine linke Propagandawelle, die ihresgleichen sucht, in den auslaufenden sechziger und beginnenden siebziger Jahren ihre Wirkung nicht verfehlte: So mancher junge Mann hütete sich davor, seine berufliche Zukunft in jenem Bundesheer zu su-

chen, dessen Demontage unmittelbar bevorzustehen schien.

Inzwischen weiß man, daß auch die Bäume der Wehrdienstverweigerer nicht in den Himmel wachsen; daß Karl Blecha auch in nächster Zukunft nicht Verteidigungsminister werden dürfte; und daß selbst unsere besonders heiklen Nachbarn in der Schweiz wieder ein gutes Haar am Bundesheer lassen.

Das nicht unbegründete Mißtrauen, das man in Österreich einer „roten“ Verteidigungspolitik entgegenbrachte, scheint einer sachlicheren Beurteilung zu weichen. Ob die 102 Leutnants des Jahrganges „Flitsch-Tolmein“, benannt nach jener Ortschaft am Isonzo, in der die österreichische Armee 1917 die letzte erfolgreiche Schlacht geschlagen hatte, das Vertrauen in die Landesverteidigung wieder stärken können, bleibt zu hoffen. Dann handelt es sich auch um eine erfolgreiche Schlacht. Allerdings um die erste seit Jahren.

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