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17 Tage um den Pazifik

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Mit dem neuen Direktor, Peter Sellars, kam ein frischer Wind und neuer Standpunkt in das Los Ange­les Festival 1990. 1984 präsentier­te Los Angeles sein erstes beein­druckendes Festival, das gleichzei­tig mit den Olympischen Spielen stattfand. Die besten Avantgarde-Künstler aus Europa, Nord- und Südamerika waren damals vertre­ten. Im Jahr 1987 übernahm Regis­seur Peter Sellars die Leitung. Sei­lars deklarierte sofort, daß die Kultur von New York und von Europa tot sei: die Zukunft der Kunstwelt liege in den Kulturen, die den Pazifik umgeben.

Der junge Regisseur brachte be­rühmte und unbekannte Kompa­nien aus Asien, Mexiko, Südameri­ka, Australien, Neuseeland, Alaska und Hawaii nach Los Angeles und gewann amerikanische Künstler wie die „Wooster Group" oder das „Bread and Puppet Theatre". Sein Trend war, weg von der Hochkul­tur zur populären Kunst, zum Ri­tual.

Dem Festivalbesucher bot sich eine verwirrende Vielfalt von Thea­ter, Oper, Musik, Tanz, Film, Aus­stellungen und Performance Art. Zur Eröffnung begrüßten einander die teilnehmenden Gruppen mit Tänzen und Liedern am Angel's Gate vor der beeindruckenden Kulisse des Pazifik. Die Ureinwoh­ner Australiens, das Woomera Mornington Island Culture Team, koreanische Schamanen, mexika­nische Indianer, die südpazifische Gruppe Wallis & Futuna und viele andere brachten ihre Begrüßungs­tänze dar, es fanden traditionelle indianische Segnungen der Erde statt.

Die multi-ethnische Stadt Los Angeles, die sich selbst feierte, beherbergt die meisten Japaner, Koreaner, Kambodschaner, Vietna­mesen und Mexikaner außerhalb ihrer jeweiligen Länder. Bei dem Festival sollten die Völkergruppen einander näherkommen und die Traditionen dieser Kulturen soll­ten für ein westliches Publikum geöffnet werden.

Zu entdecken gab es genug. So konnte man beispielsweise zwi­schen den Tänzen der Eskimos, der mexikanischen Indianer, dem hi­storischen Hula, japanischen Ka-gura, indonesischem Schattenspiel, chilenischem Theater oder stilisier­ten Tänzen aus Java und Kambod­scha wählen.

Das Angebot war überwältigend, Sellars' Ziel war es, die Menschen zu verblüffen und sie aus der Reser­ve ihres Nebeneinander zu locken.

Am besten gelang ihm das bei den ganztägigen, kostenlosen Veran­staltungen in öffentlichen Parkan­lagen, wo sich gewöhnliche Park­besucher mit Publikum mischten. Inwieweit es auch gelang, die ver­schiedenen ethnischen Gruppen von Los Angeles einander näher zu brin­gen, wird sich erst in Zukunft wei­sen.

Höhepunkte des Festivals waren Aufführungen der Gruppen aus Java und Kambodscha, die erst­mals in Amerika zu sehen waren, und die Darbietungen des „Bread and Puppet Theatre". Diese Grup­pe unter der Leitung des emigrier­ten Deutschen Peter Schumann lebt in Vermont und arbeitet kollektiv. Umweltthemen werden mit Hilfe überdimensionaler Marionetten und vieler zusätzlich angeheuerten Schauspieler beeindruckend dar­gestellt.

Zum Abschluß fand ein fünfstün­diger Gujo Odori statt, ein Grup­pentanz aus der japanischen Stadt Gujo Hachiman. Jeder konnte mit­tanzen und der Seelen seiner Vor­fahren gedenken.

Mit 70 Prozent ausverkauften Vorstellungen war das Festival auch ein finanzieller Erfolg, und so wird es auch im nächsten Jahr sein. Pe­ter Seilars hat für die kommenden zehn Jahre bereits geplant. Inzwi­schen kann er sich bei Regiearbei­ten an der Wiener Oper ausruhen.

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