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Ab ins Ghetto

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Es gab eine Zeit, und sie ist noch gar nicht so lange her, da rückte man zusammen. Allenthalben regten sich Integrations bestre bungen, suchte man Gemeinsamkeiten. Es entstanden die Europäischen Gemeinschaften, und es schien, als wolle man sich ernstliche Mühe geben, allmählich zu einer weltumspannenden Menschheitsfamilie zusammenzuwachsen.

Von diesem Schwung ist nur mehr wenig zu spüren. Mehr und mehr machen sich Separatismus und Partikularismus breit. Die Europäische Gemeinschaft kämpft mit permanenten Schwierigkeiten, ihr Häuflein beisammen zu halten.

Nicht besser ist es um die Volksgruppen bestellt: Korsen und Bretonen wollen nichts von Frankreich, Basken nichts von Spanien, Schotten nichts von England und Montenegriner nichts von Jugoslawien wissen. Vorarlberger halten nicht viel von Hinterarlbergern und Villacher nicht viel von Klagenfurtern.

Am schlimmsten sind aber wahrscheinlich die Kastenbildungen im sozialen Bereich. Frauen, Junge und Senioren sind nicht mehr in erster Linie Menschen, sondern Frauen, Junge und Senioren.

Anstatt die Menschen zusammenzuführen, dividiert man sie immer mehr auseinander: die Kinder steckt man in Kindergärten und die Jugendlichen in Jugendclubs, die Alten leben sowieso in einem Ghetto, und die Frauen sind mit Eifer dabei, sich eines zu schaffen.

überall ist man unter sich, weiß von den andern immer weniger und versteht sie daher auch immer weniger.

Da nützen uns alle Sonntagsredner nichts, die treuherzig verkünden, im Mittelpunkt stehe der Mensch. Schön war’s. Aber wie es jetzt aussieht, steht im Mittelpunkt die Rolle.

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