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Abend- und Morgenland

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Das Mittelalter-Symposion, das das Harry Kühneis Mediävistik-Institut in Krems alle zwei Jahre veranstaltet, befaßte sich diesmal mit der Begegnung von Orient und Okzident. By-zanz blendete mit den Geschenken seiner Gesandten, und arabische Medizin, Kunst oder Gartenbaupraxis waren der unseren weit überlegen, und doch kamen sie nur auf Umwegen in ein damals noch selbstgenügsames Europa.

Kleine Anstöße griechischer Theorienbildung und Mathematik hatten genügt, einen arabischen Wissenschaftsboom auszulösen. Aber viele Erkenntnisse oder landwirtschaftliche Neuerungen liefen sich an den Grenzen der christlichen Welt bald tot. Es bestand kein Bedarf. Nur griechische Denker wurden in Übersetzungen von der Scholastik rezipiert.

Die Höhere und „Unterhaltungs"-Mathematik der Moslems wurden einerseits in Wien zu einem Teil universitärer Ausbildung, anderseits mit immer den gleichen Übungsbeispielen zuerst in den oberitalienischen Stadtstaaten der Händler, später in den süddeutschen Geschäftszentren wie Regensburg und Nürnberg, zu den Kunststücken kaufmännischer Buchführung.

Die Erzgebirgssachsen waren gesuchte Bergleute in Südosteuropa, aber die „maurischen" Bewässe-rungs-, Architektur- oder Pflanzenkultivierungstechniken überlebten weder in Sizilien noch Spanien die Re-Conquista, auch wenn Jahrhunderte später von deutschen Kaisem Versuche ihrer Wiederbelebung gemacht wurden. Die sofortige Überweidung früherer Gartenlandschaften und die nachfolgende Verkarstung brachten traurige Rückschritte.

Daß vielleicht die Bayern dabei indirekt, und aus eigener Not an Holzkohle, die großräumige Föhrensaat lernten, oder daß die Franzosen orientalische Essigbeizen selektiv und begeistert in den Speisezettel aufnahmen, ist dagegen ein schwacher Trost.

Als Resümee sind die vielen verpaßten Gelegenheiten, voneinander zu lernen, am berührendsten.

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