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Ackerl, der Paradelinke

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Ein abschließender Aspekt der Beflexionen über die merkwürdige Wahl des sozialdemokratischen oberösterreichischen Landesrates Josef Ackerl, die sich unversehens zu einer kleinen Tri-logie ausgewachsen haben, ist der Umstand, daß Ackerl als Exponent des linken Flügels der Partei und als begeisterter 68er bekannt ist. Ausgerechnet jemand, der die hehren Ideale des Sozialismus als Panier vor sich hertrug, legte ein Verhalten an den Tag, das man auf keinen Fall als grundsatztreu sozialistisch und demokratiepolitisch vorbildlich qualifizieren kann.

Ackerl ist nur ein weiteres Beispiel für die bei vielen Linken, ja bei vielen Politikern feststellbare Diskrepanz zwischen Wort und Tat, zwischen Ankündigung und Umsetzung. Wenn sie die Umstände in die Lage versetzen, sind viele nur allzugerne bereit, ihre Grundsätze über Bord zu werfen und sich in waschechte Opportunisten zu verwandeln, wenn man ihnen nicht unterstellen will, daß sie ihre Phraseologie überhaupt nur verwendet haben, um sich damit eine günstige Aufnahme bei der Basis zu sichern.

N- icht immer und überall freilich war es so und ist es so. Es gab in der Vergangenheit Persönlichkeiten, die, wie ein Otto Bauer im Rahmen des Austromar-xismus, oder noch ein Josef Hin-dels in der Zweiten Republik, die Annehmlichkeiten des Lebens der Sache, der sie dienten, opferten, und sich als glaubwürdige Zeugen ihrer - wenn auch falschen oder einseitigen- Überzeugung präsentierten.

Diese Linken genießen heute bereits Seltenheitswert und werden, so sie überhaupt noch vorhanden sind, eher belächelt als bewundert. Besonders groß ist die Versuchung, den eigenen Idealen untreu zu werden, dann, wenn - wie im Fall Ackerl - der Unterschied zwischen dem, was man aufgrund seiner Ausbildung in der zivilen Gesellschaft als Lohn erhielte und dem, was man durch die Politik erhält, zu groß ist.

An einem solchen Unterschied werden meist die besten Vorsätze zuschanden und es bewahrheitet sich die alte Weisheit des Volksmundes, die da lautet: „Wenn der Bettler aufs Roß kommt, ist er nicht zu derreiten." Auf diese Art kann auch eine Partei zuschanden geritten werden.

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