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Alles ist Konserve

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Der alte Streit darüber, was die größte technische Errungenschaft sei, ist nun endlich beigelegt.

Es ist nicht das Rad, es ist auch nicht der Computer, nein, es ist die Konserve.

Dabei reicht das breite Spektrum, der Konserven von der einfachen blechummantelten Sardine bis hin zum prallgefüllten Konto auf der Bank, was ja letztlich auch nichts anderes ist als eine Konserve. Sozusagen gesammelte Arbeitskraft, die so lange konserviert sanft dahin-schlummert, bis dann einmal der Besitzer zuschlägt und die Konserve, die auch eine Reserve ist, aufbraucht.

Ob Bankfach, Kühlfach oder Küchenkasten - es kommt immer auf dasselbe hinaus. Überall schlummert etwas, gut behütet, gekühlt oder verschlossen, bis es dann soweit ist, und die Konserve aufgebraucht wird.

Im Prinzip, wenn man es genau betrachtet, ist ja alles Konserve. Die Erde ist Energiekonserve, die via Bohrturm oder Schacht geknackt werden kann. Und der Mensch selbst, ist er nicht auch eine Konserve, - eine Verarbeitungs- und Stoffwechselkonserve für Roastbeef ebenso wie für Grammelknödel, für Brathenderl ebenso wie für Negerküsse. Die Konserve, die mancher Mitbürger so permanent als gefüllte Leibesmitte mit sich trägt, hat manchmal enorme Ausmaße.

Und man fragt sich manchmal, was bringt denn der da noch so alles unter in seiner Konserve, sprich auf seinem Brathendlfriedhof oder einfach in seinem Bierbauch?

Aber nicht nur im Bereich des Fleisches dreht sich alles um Konserven. Nein, auch der Geist bedient sich der Konserve. Dabei reichen Geisteskonserven vom einfachen Reclam-bändchen über Ton- und Videoband bis hin zur Computerdiskette. Natürlich kann diesen Konserven via Bücherwürmer, Feuer und Computerviren arg zugesetzt werden. Aber auch ein tiefgekühlter Marillenknödel übersteht selten eine ausgewachsene Feuersbrunst.

Wenn man bedenkt, daß sich in Amerika mancher statt in den Sarg aufs Eis legen läßt, um wie ägyptische Mumien der Ewigkeit entgegen-zukonservieren, dann weiß man, daß nicht einmal der Tod sicher ist vor der Konserve. Na und das ewige Leben, was ist es anderes als eine unerschöpfliche Zeitkonserve ohne Ablaufdatum. Darum: Alles ist Konserve, sogar eine leere Brieftasche. Sie ist bloß Konserve in Warteposition mit der unbestimmten Hoffnung auf Füllung.

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