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Alles reduziert

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Anselm Glücks, des Grazer Stadtschreibers, erstes Theaterstück ist kein Theater-, sondern ein Sprachstück, das philosophierend und manchmal auch sich bewußt in Banalitäten ergehend reduziert ist auf den Klang und auf den Sinn eines Textes, den drei Sprecher monoton, wie Roboter, vortragen. Szenische Elemente kommen nicht vor, akustische und gestische hat Heinz Hartwig als Regisseur sparsam eingesetzt, die Bühne ist verkleinert auf einen Wohncontainer, aus dem die Sprachblasen ins Publikum geraten. Es ist eine wohltuende Reduktion des Gestus, weil so die se-miotische Dichte des Textes unverfälscht bleibt.

Reduziert auf Archaisches ist auch „Gilgamesh", eine Darbietung der Societas Raffaelo Sanzio aus Cesena. Das babylonische Epos wird von zwei nackten Männern, einer ebensolchen Frau und zwei Hunden mit Anspielungen auf Religionenkulte und in einer Mischung quer durch alle Mythologien für den Betrachter nicht nachvollziehbar vorgeführt. Die Sprache ist reduziert auf Grunzen, Schreien und Deklamieren pathetischer Textfetzen, die Darstellung ist reduziert auf Imitation klassischer Posen, archaischer Haltungen und expressive körperliche Ausbrüche, die Beleuchtung ist reduziert auf Gaslichter, der Inhalt des gewaltigen Licht-Epos ist reduziert auf einige wenige Symbole. Ganz besonders reduziert blieb auch der Applaus eines verwirrten Publikums.

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