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Alptraumleben

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Der junge Regisseur Martin Kusej -zugegebenermaßen reich an kreativen, aber offenbar schwer zu kanalisierenden Ideen - gibt seine spannende und farbenreiche Produktion im ' Grazer Schauspielhaus als Grillpar-zers „Traum ein Leben" aus - und das kommt schlicht einer Fälschung gleich. Hier wird nicht aus-, sondern umgedeutet; Aussage und Idee des Stücks erscheinen umgepolt zugunsten einer technisch aufwendigen, assoziationsreichen Bühnenshow von Kusej - sehr frei nach Grillparzer.

Eine aktuelle und emanzipatorische Interpretation kann gewiß Zweifel an der biedermeierlich affirmativen Lösung der Fabel anmelden und Hinweise auf Freud und seine Traumlehre mit kräftigen Strichen einzeichnen. Aber es ist unstatthaft - wenn auch dem Zeitgeistklischee entsprechend -, die Tendenz dieses Besserungsstückes einfach in ein Weltuntergangskatastrophendrama umzuändern.

Da mag noch so viel Kreativität im Gefolge von Artaud und Grotowski sich austoben, der Biedermeiersalon als neurotische Hölle, Rustan als ländlicher Hascher, Zanga als blutver-schmierterOrgiastikerdenunziert und die Harfenmusik der Schlußszene in Kriegslärm mit anschließendem Weltuntergang umfunktioniert werden - mit Grillparzer hat das nichts mehr zu tun, es gehört in das Kapitel narzißtischer und manieristischer Regie-Show.

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