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Alte Hüte, neue Mützen

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„rilke sagte er, dann sagte er gurke, dann leise wölke“: das fünfte Gedicht in Ernst Jandls Gedichtzyklus über Rainer Maria Rüke.

Jandl, immer noch (oder schon wieder) Hauptexponent der konkreten Poesie, hat seine letzten Gedichte veröffentlicht. Lautgedichte, die sich von seinen frühen Arbeiten kaum unterscheiden.

Auch der Zyklus über Rilke nicht. Jandls Programm ist das gleiche geblieben: Das Spiel mit Sprachformeln, das Jonglieren mit syntaktischen Einheiten. Jandls Gedichte sind noch immer keine Lesegedichte. Man muß sie hören, sollen sie voll zur Wirkung kommen. Das Visuelle paßt nicht zu ihnen, man überlistet, überfliegt wichtige Stellen.

Und: Jandl scheint sich nicht viel weiterentwickelt zu haben. Als trete er auf der Stelle. Als habe er ein System entwickelt, an dem er fast neurotisch stur festhält. Im Rüke-Zyklus versucht er, den Dichter, den Ästheten Rilke durch Alltagssprache „herunterzuziehen“. Rilke als Alltagsmensch, der nur durch Kunstrezeptionsmechanismen zu einem Ubermenschen stilisiert worden ist. Rilke als Verseschmied. Ein reizvoller Versuch. Ein reizvolles Spiel.

Nur: Was dabei herauskommt, was wirklich übrigbleibt, ist schal, ist ohne Gehalt. Uberzeugt nicht restlos. Man liest ein paar Zeilen, lacht manchmal, wundert sich bisweilen und legt das Buch dann beiseite. Rilke ist besser.

DIE BEARBEITUNG DER MÜTZE. Von Ernst Jandl. Hermann Luchter-hand Verlag, Darmstadt 1978, öS 158,-

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