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American way

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Staatsoberhäupter, Regierungschefs, Ehrengäste begleiten den toten Papst auf seinem letzten Weg. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ließ sich vertreten. Nicht von seinem Vizepräsidenten, nicht von seinem Berater für die Belange der katholischen Kirche. Von seiner Gattin.

In Europa erregte diese Delegierung Aufsehen. Sie ist hier nicht üblich. Amt und Privatleben, Auftrag und Familie sollten getrennt bleiben, meint man hier. Die First Lady hat an der Seite ihres Gatten mitzurepräsentieren, aber ihn nicht allein zu vertreten, meint man.

In Amerika ist alles anders. Mag sein, daß die Entscheidung des Präsidenten auch dort auf Ablehnung stieß - aber man wunderte sich nicht. Man ist gewöhnt, daß Präsidenten nach eigenem Gutdünken entscheiden. Und Jimmy Carter wollte offenbar gerade durch die

Entsendung jenes Menschen, der ihm am nächsten steht, dem verstorbenen Papst seine Reverenz erweisen. (Auch wenn er damit nicht dem Protokoll entsprach).

Rosalynn Carters Reisediplomatie hat auch bisher schon Aufsehen erregt, von ironischem Schmunzeln bis zu empörter Kritik. Daß sie aber- als Protestantin - in Brasilien dis- sidente Katholiken empfing, um von ihnen zu erfahren, wie es mit der Wahrung der Menschenrechte dort aussehe, wurde im Weltecho weniger intensiv vermerkt, obwohl es an Ort und Stelle sehr intensiv zur Kenntnis genommen wurde - je nach Standpunkt verschieden.

Der american way of diplomacy ist ein anderer als der europäische. Er muß nicht immer erfolgreich sein. Aber man sollte auch Verständnis für ihn aufbringen, wenn man ihn nicht goustiert.

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