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Angst vor dem Kapital

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"Ich fürchte mich. Die Invasion ausländischen Kapitals kann zu neuen nationalistischen Wellen führen." Miroslav Tucek, Generaldirektor der Investiert Banka in Prag, kürzlich Gast des Club of Rome (Austrian Chapter) und der Zentralsparkasse in Wien, ist be-sorgt. Die Privatisierung der Un-ternehmen sei nicht ungefährlich, betonte Tucek mehrmals. Es gäbe nicht genug Kapital im eigenen Land, um die Unternehmen zu kaufen. So seien es die ausländischen Investoren, die als "stille Händler" mit Milliarden möglichst billig einkaufen (wollen). Noch würde die Bevölkerung der CSFR das nicht beachten, doch das Erkennen der Situation könne zu negativen Reaktionen, zu nationalistischem Aufbegehren führen.

Eine Lösung des Problems sieht Tuc"ek in einer Streuung der Kapitalverflechtung. Nicht nur ein oder zwei Nachbarländer dürften finanziell in das Land eindringen, man müsse mit allen westeuropäischen Staaten arbeiten.

20 Privatisierungsvorhaben von Großbetrieben laufen zur Zeit über Tuceks Bank. Eine schlagkräftige Konzeption für den Ankauf dieser Unternehmen durch die eigene Bevölkerung gebe es noch nicht. 20 bis 30 Prozent des Beteiligungskapitals würden derzeit in der CSFR verbleiben. Der Rest gehe ins Ausland. Diese Situation würde vor allem für den politischen Machtkampf ausgenützt, klagt Tucek. Mehr Volksbeteiligung oder nicht, das ist nach wie vor die große Polit-Frage.

Jedenfalls würden strikte marktwirtschaftliche Vorstellungen herrschen. Zumindest solange, vermutet Tucek, bis man an soziale Pro-bleme stoßen werde. Inflation, Arbeitslosigkeit, Rückgang der industriellen Produktion sind da die großen Herausforderungen. Und vielleicht eine Bevölkerung, die nach der ersten Euphorie in einer unerträglichen wirtschaftlichen Situation erwacht.

Doch wie dieses Dilemma lösen? Tucek registriert derzeit eine gewisse Unbeweglichkeit der Regierung, die noch schwere Folgen haben werde.

Jedenfalls müsse es Hauptziel sein, eigenes Kapital im eigenen Land zu schaffen. Wie das in der Praxis funktionieren soll, bereitet nicht nur dem Generaldirektor große Sorgen.

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