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Wie wir auf den Hund kamen

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Malu ist ein Cro-Magnon-Mädchen in der Steinzeit. Ihre Kindheit ist zu Ende, sie muß lernen, eine Frau zu werden, was ihr gar nicht behagt. Viel lieber als Beeren und Wurzeln zu sammeln und Grasdächer anzufertigen möchte sie mit den Buben Speerwerfen üben, um einmal ein echtes Mammut zu erlegen. Doch am liebsten beobachtet sie cjie Wölfe, die sich nahe der Müllgrube des Stammes aufhalten. Ganz genau hat sie ihr Rudelverhalten beobachtet, sie weiß ihre Rufe zu deuten und kennt ihre Lebensgewohnheiten im Sommer wie im Winter.

Als ihr eine sterbende alte Wölfin ihr einziges Junges „anvertraut”, beginnt der Ernst des Lebens. Das Wolfbaby darf bei ihr bleiben, doch Malu muß die Verantwortung übernehmen. So erhält sie zusätzliche Freiräume, aber auch zusätzliche Pflichten. Die Skepsis der Stammesmitglieder gegenüber dem wilden Tier weicht bald der Erkenntnis, daß die Fähigkeiten des gezähmten Wolfes allen zugute kommen können, wenn er richtig behandelt wird. Die Reziehung zwischen Mensch und Hund hat begonnen.

Dieses Jugendbuch, das auch für Erwachsene empfehlenswert ist, erzählt jenseits der zentralen „Abenteuergeschichte” von den Lebensverhältnissen der Steinzeit, die einzig auf Überleben in der Natur ausgerichtet sind. Nahrungssuche, Lebensmittelkonservierung und effiziente Nutzung der kargen Ressourcen werden nicht verklärend, sondern realistisch geschildert. Der Heranwachsende trägt alle Gefahren mit, bekommt aber auch schon Verantwortung übertragen. Es kommtauf jeden einzelnen und auf sein korrektes Verhalten gegenüber den anderen an. Der weise Großvater wacht über die Einhaltung der Regeln oder gestattet - wie im Falle von Malus Wolf - Ausnahmen.

Daß die spannende, leicht lesbare Geschichte vor langer Zeit spielt, wird spätestens dann deutlich, wenn die Mädchen besorgt ihre schwindenden Fettbäuche beklagen, als der Wildschweinbraten ausbleibt. Dürr war noch nicht „in”, ein runder Bauch sicherte das Überleben. Die Charaktere der mutigen, jähzornigen, verantwortungsvollen oder sorglosen Freunde von Malu, ihr korrekter oder legerer Umgang mit Regeln und der Versuch, die Grenzen ihrer Mädchenwelt zu sprengen, machen das Buch modern.

Die amerikanische Autorin Ruth Craig schrieb also eine spannende Geschichte für Jugendliche, die Erwachsenen Denkanstöße über die Probleme watteweich verpackter Wohlstandskinder bietet.

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