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Antireise- und Stadtlebensfiihrer

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Der junge, begabte Vorarlberger Wolfgang Hermann nennt sein neues Buch im Untertitel „Verwandlungen”, und jahltngs wird die Erwartungshaltung des Lesers auch verwandelt. Aus ver-muteten Reiseessay s erwachsen plotz-lich Seelenlandschaften, werden Be-obachtungen und Schicksale notiert, die mit den drei Weltmetropolen, Paris, Berlin und New York naturgemaB immer in Zusammenhang stehen, gleichwohl aber stets von den Stadten selbst fortzufiihren scheinen.

Der Autor, offenbar Weltenbumm-ler aus Uberzeugung, geht hiebei gar nicht wirklich reisekundig oder „po-lyglott” vor, sondern sucht das Wesen der Stadte und ihrer Bewohner bezie-hungsweise Besucher vielmehr im kontemplativen Abseits auf. Besonders beeindruckend ist hier der „Flucht-weg” durch New York, der hinaus in die Wildnis fiihrt.

Ein Reisefiihrer, der unverhoffte Be-gegnung und Topographien des Her-zens thematisiert also, mit dem Hermann einmal mehr beweist, daB er ein Meister der poetischen Zwischentone ist. Die Fotos von Nathalie Schuller erganzen das Bandchen kongenial.

In Anbetracht dessen, daB Wolfgang Hermann mit seinem Prosatext „Die Namen, die Schatten, die Tage” (1991) eine iiberzeugende literarische Talentprobe abgelegt hat, muB das nunmehrige schmaleRomandebiiteine Enttauschung genannt werden.

Es geht hier urns Fremdsein und die Verlorenheit in einer babylonisch an-mutenden Metropolis irgendwo in Zentraleuropa. Ein paar vagierende junge Leute mit ihren Hoffnungen und Liebeleien durchstreifen ruhelos Cafes, Bars und Metro, erfahren dabei Ent- und Befremdung iiber die aus den Fugen geratene Welt, sind nicht zuletzt auch mit sich selber uneins. Im Mittelpunkt steht die eher nur skiz-zierte Beziehung Christians mit Julia, die bald miBlingt. Der Protagonist zieht sich schlieBlich aufs Land zuriick.

Die GroBform des Romans entglei-tet dem psychologisch geschulten Epi-grammatiker ebenso wie die Durch-modellierung seiner Figuren. Aber vielleicht war dies auch gar nicht beabsichtigt. Doch die fragilen Mo-mentaufnahmen eignen sich kaum dazu, einen iiberzeugenden Handlungs-strang zu entwickeln. Schade, aber sprachliche Verknappung und atmo-spharische Andeutung allein tun dem Roman noch nicht Geniige.

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