6922026-1981_48_08.jpg
Digital In Arbeit

Arbeitsplätze als Gesundheitsfallen

Werbung
Werbung
Werbung

Die Einführung der Bildschirmarbeitsplätze, der ständige Umgang mit Laserstrahlen und Mikrowellen, moderne Schweißmethoden, aber auch die Zunahme der Nachtschichtarbeiten machen Arbeitsplätze zu Gesundheitsfallen ersten Ranges.

Die Folgen sind bereits sichtbar. Jeder dritte Patient der Betriebsärzte leidet unter psychosomatischen Beschwerden. Schweißerlunge, Haut- und Lärmschäden sind ebenso im Vormarsch wie die Zunahme der Ernäh- rungs- und Schlafstörungen. Darunter leiden 60 bis 90 Prozent der Nacht- und Nachtschichtarbeiter in Deutschland und Österreich.

Diese alarmierenden Fakten präsentierten kürzlich Arbeitsmediziner bei der Jahrestagung der österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin in Wien.

Die zunehmende Gefährdung der Arbeitnehmer ist unter anderem darauf zurückzuführen, daß technische Innovationen oft viel zu rasch in Arbeitsplätze oder gar in neue Berufe „umgesetzt“ werden. Damit sind nicht nur die Arbeitnehmer, sondern meist auch die Betriebsärzte überfordert. Denn nicht alle gesundheitlichen Risken sind auf Anhieb erkennbar.

So war zum Beispiel den Medizinern zwar von Anfang an klar, daß Bildschirmarbeitsplätze eine Zunahme von Sehbeschwerden bedeuten. Daß sie auch Schäden des Bewegungsapparates und auch zu psychischen Störungen führen könnten, stellte sich erst später heraus.

Allen modernen „Berufskrankheiten“ ist eines gemeinsam, sie sind unspezifisch, betonte Prof. J. Rutenfranz, der Präsident der

Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin. Erst nach Monaten oder Jahren führen sie zu dauerhaften Erkrankungen. Weil diese Beschwerden aber so allgemein sind, fallen sie nicht unter den klassischen Begriff der Berufskrankheiten; der Betroffene ist damit nicht als berufsgeschädigt anerkannt sondern nur ein ganz gewöhnlich „Krankęr“.

Betriebsärzte müssen deshalb, forderte Medizinalrat Egmont Baumgartner, der Präsident der österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin, nicht nur besser ausgebildet werden, sondern auch an entsprechenden Gesetzeswerken mitarbeiten.

Derzeit ist die Ausbildungsmöglichkeit bei uns noch bescheiden: ein vierwöchiger Kurs. Der Andrang dazu ist groß. Heuer haben 165 Ärzte einen solchen Kursus absolviert. Fernziele sind die Einrichtung einer arbeitsmedizinischen Akademie und ä la longue Pflichtvorlesungen über Arbeitsmedizin für alle Hippokrates- jünger während des Studiums.

Doch auch schon jetzt können Betriebsärzte wirksam eingrei- fen, wenn sie regelmäßig die Arbeitsplätze im Betrieb besuchen und dabei auf Gesundheitsrisken aufmerksam werden. Schließlich sollen die Arbeitsmediziner immer weniger kurativ — sondern immer mehr vorbeugend tätig werden.

Aber auch die Arbeitnehmer selbst können sich gegen schädliche Arbeitsabläufe und Arbeitsmittel erfolgreich zur Wehr setzen. So haben z. B. in der Bundesrepublik Deutschland die Proteste der Arbeiter dazu geführt, daß das giftige Benzol „out“ ist. Sie zwangen die Unternehmensleitung zu teuren Schutzmaßnahmen, die Unternehmer forderten deshalb von den Erzeugern die Lieferung ungiftiger Ersatzstoffe. Die Aktion endete mit einem Erfolg.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung