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„Attacke!“

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Die Gegner der Fristenlösung haben erkannt, daß es im Kern um den Nachweis geht, daß der Fötus bereits Mensch und nicht bloß „Kaulquappe“ ist. Darum propagiert die „Aktion Leben“ das Buch „Die ersten Lebenstage“, das anschaulich und wissenschaftlich-objektiv über Beginn und Entwicklung des menschlichen Lebens informiert. (Kürzlich wurde einem Wiener Naturgeschichtsprofessor das 1000. Exemplar überreicht.) Und darum zeigt die Wanderausstellung „Das Menschenrecht auf Leben“, wie entwik- kelt abgetriebene Kinder bereits sind.

Diese Sachlichkeit ist offenbar vielen, die sonst so gerne gegen „Tabus“ zu Felde ziehen, ein Dom im Auge. Sie wollen mit der freien Abtreibung ein neues Tabu errichten, das nicht mehr diskutiert, gegen das nicht mehr argumentiert werden darf. Nur so kann der Versuch einer Gruppe von etwa acht Studentinnen gewertet werden, mit dem Ruf „Attacke!“ die Ausstellung in der Wiener Universität zu stürmen und zu zerstören. Natürlich vorsichtshalber anonym, vermummt und beim ersten Aufflammen eines Blitzlichtes - die Aussteller hatten eine Kamera vorbereitet - schleunigst flüchtend’. Fazit: Alle auf die Ausstellung hinweisende Plakatständer zerstört, einige Ausstellungsflächen beschmiert oder mit Spraylack übersprüht (ein Dokument geistiger Verwandtschaft mit den Urhebern der jüngsten antisemitischen Schmieraktionen), ein Photoapparat beschädigt, ein auf 5000 Schilling geschätzter Sachschaden.

Man läßt also nicht nur die Ungeborenen, man läßt nicht einmal eine auf deren Schicksal hinweisende Ausstellung ungestört leben, nicht einmal drei Tage. Es stimmt nachdenklich, daß viele junge Menschen heute nur noch Gewalüösungen suchen. Was ihnen unbequem ist, wird zerstört, beseitigt: die Ungeborenen, unangenehme Bilder, Texte, Aktionen, im Extremfall die Andersdenkenden. (Vor allem die Politiker und Pädagogen sollte das nachdenklich stimmen, sehr nachdenklich sogar.)

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