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Aufgelichteter Nebel

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Kann Perfidie komisch wirken? In der Posse „Liebesgeschichten und Heiratssachen“ von Nestroy, die derzeit im Akademietheater gespielt wird, gibt es den hochstapelnden ehemaligen Diener Nebel, der mit den gemeinsten Mitteln versucht, hochzukommen. Es ist dies der zynischste Charakter, den Nestroy geschaffen hat. Gaunerei, mit Überlegenheit betrieben, vermag grimmigen Spaß zu bereiten. Vorübergehend.

Regisseur Leopold Lindtberg ist einer jener Spielleiter, die weiterhin den Dichter, den Stückeschreiber

zur Wirkung bringen, ohne eigene unangebrachte Gags, ohne Umformungen. Nur ist er an die Besetzungen gebunden. Josef Meinrad hat keineswegs die Durchtriebenheit und Herzenskälte des Nebel, er ist ein netter Schlankel, dem man sagen möchte: „Du, du, das macht man nicht!“ Das Nestroysche, worauf es ankommt, die Schärfe entschärft er völlig. Fritz Muliar als Partikulier Fett kann in dieser Rolle nicht seine Pfiffigkeit einsetzen, daher greift seine Komik nicht wie sonst. Entscheidend für einen Großteil des Publikums ist es anscheinend, daß

die beiden auf der Bühne stehen, überdies hatte Meinrad hier seine letzte Premiere vor drei Jahren.

Als Lucia Distel ist Jone Tilden vergnüglich drollig wie stets, Hugo Gottschlich hat auch als Wirt das prächtig Hausknechtische wie stets. Johannes Schauer dagegen nuanciert als Marchese Vincelli, er wirkt verdeckter als sonst, eben dadurch stärker. Offenbar ein Verdienst des Regisseurs. Der Bühnenbildner Fritz Putz vermeidet es, durch liebliche Biedermeierei ins Süßliche zu verfallen. Außer Tischen und Sitzmöbeln gibt es nur schwarze Silhouettenmalerei auf weißer Wand, auch in der „Gartenpartie“. Von Michael Hebenstreit plus Adolph Müller stammt die ansprechende Musik.

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