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Austroscop

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— versteckt im Dickicht —, die ihre Äste, jämmerlich verstümmelt, in den Dämmerhimmel reckt: Anklage gegen die „Allen gehört Alles“-Mo-ral dieser Gesellschaft, die am Ende nur zu einem hinführen kann: zum schließlichen „Allen gehört gar nichts mehr“.

Da schlendern sie, die vergnüglichen Sonntagsspaziergänger — Ur-urenkel jener Leute, die Waldmüller im Wienerwald gemalt hat — entlang dem Wald- und Wiesengürtel; und reißen von den Büschen, von den Bäumen meterlange Zweige, die den ersten schüchternen Schmuck des aufkeimenden Frühlings angelegt haben: die „Palmkätzchen“.

Sie reißen und zerren, brechen und knicken; sie säbeln und sägen mit ihren Autoschlüsseln an den frisch durchsafteten Zweigen, lassen diese abgeschunden in der Luft baumeln, wenn sie ihnen zu zähen Widerstand entgegengesetzt haben. Sie hetzen ihre Kinder auf die höheren Bäume hinauf, die vor beleibtem Ersteigen sicher wären. „Alles gehört Allen“: das lesen sie in ihren Zeitungen, die sich allesamt so fortschrittlich gebärden, auch wenn sie es keinesfalls sind; das hören sie am Radio — verpackt in pampige moderne Philosophie und Gelehrsamkeit —; das sehen sie im Fernsehen in der manisch bestaunten, ekelhaften Bildersprache, die unmerklich ihre unvertilgbaren Spuren in der Seelenhaut hinterläßt.

Fast zornig schmeißt ein Bub einen Zweig mit den kleinen weißen Bällchen, die sich so weich und warm anfühlen, inmitten der kalten, rauhen Winterdämmerung auf den Weg: der Zweig scheint ihm nicht schön genug geraten zu sein. Und der Vater, vertieft ins Gespräch mit dem Geschäftsfreund, steigt darauf.

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