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Bärendienst

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Sonntag, 20 Uhr, FS 2. Der ORF überträgt live aus der Wiener Staatsoper. Am Programm steht „Wozzeck“, eine Oper in drei Akten von Georg Büchner, Musik: Alban Berg.

Es ist wohl keine unrichtige Behauptung, daß das biedere Kontrastprogramm „Der Kurier des Zaren“ mit dem normannischen Kleiderschrank Fluchtpunkt für die überwiegende Zahl der Femsehgemeinde war.

Alban Bergs „Wozzeck“ stellt für das breite Publikum noch immer Avantgarde dar, und schwer Verdauliches wird so weit als möglich gemieden. Die Ästhetik dieser Oper ist so weit von jener entfernt, die das Fernsehen als Massenunterhaltungsanstalt sonst kultiviert, daß sich die Frage stellt, ob mit derart aufwendigen Liveübertragungen der Kulturauftrag überhaupt erfüllt werden kann.

Uber das Ausmaß, in dem der ORF seine gesetzliche Verpflichtung zu kulturellen Aktivitäten erfüllt, sind sicherlich unterschiedliche Positionen angebracht, doch daß er im Vergleich mit anderen Femsehanstalten nicht schlecht abschneidet, ist Realität.

Die Kluft zwischen dem „Wozzeck“ und dem Femseh- alltag ist dennoch so eklatant, so unüberbrückbar, daß die Liveübertragung aus der Oper nichts anderes als ein teures Alibi sein kann. Ihn im Hauptabendprogramm zu senden, ist kein Beitrag zur Überwindung der Diskrepanz zwischen seichter Unterhaltung und avantgardistischer Kunst.

Wer nur kurz vom ,Kurier des Zaren“ auf FS 2 schaltete, wird spätestens nach wenigen Minuten reumütig zur Unterhaltung zurückgekehrt sein. Ob damit der kulturellen Substanz der Unterhaltung smaschinerie ein Dienst erwiesen wurde, kann nur so beantwortet werden: höchstens ein Bärendienst.

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