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Bar-Amerika

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Stände ich vor der Aufgabe, ein Kochbuchrezept dafür anzugeben, wie man Amerikaner wird, ich empfähle folgendes Verfahren: Man werde mindestens 40 Grad östlich von Greenwich geboren; doch keinesfalls westlich von Lodz und Bialystok. Man verlerne die Muttersprache, lerne aber keine neue. Man verwende die in der deutschen Sprache konsumierten Fehler als Baugerüst für die englische. Man behalte den Hut auf dem Kopf; stülpe ihn aus der Stirn, daß er über die Ohren hängt. Man betrachte jede Sitzgelegenheit als Fußstütze; gehe an keinem Tisch, Barpult oder Klavier vorbei, ohne sie als Sitze auszuprobieren. Man setze sich so tief in den Fauteuil, daß die Beine um das Doppelte der natürlichen Größe verlängert scheinen. Man begrüße seine Bekannten durch den Ruf: „Eaooul“ Man verabschiede sich mitdemRuf: „Eaoou!“ Auf die richtige Lautfolge kommt es nicht an; mehr darauf, hierbei den Kopf nicht aus seiner Lage zu bringen.

Das Ergebnis dieser Verhaltungsmaßregeln ist ein ungeahnter Kredit. Frühere Zeiten hochstapelten nach oben; zum Hereinlegen der Umwelt empfahl sich die Haltungs eines Marquis, die Dreß eines Chevalier d’Orsay, die Gebärde eines Großherzogs. Das wären heute sichere Wege, als schlechtgenährter Ex-Offizier oder gutgenährter Eintänzer erkannt zu werden. Für die Gegenwart taugt das umgekehrte Verfahren; man hochstapelt ertragreicher nach unten. Je hausknechtischer deine Allüre - desto größer dein Dollarnimbus. Fehlt es dir an den nötigen Redewendungen? Hier wähle und greife zu:

„He is a hard fellow.“ (Er zahlt nichts.) „The busineß is trefe?“ (Ein gutes Geschäft?) „He is the best“ (Er zahlt.) „1’11 make a contract.“ (Das Geschäft ist gemacht.) „Ohsser has he monnyl“ (Er hat kein Geld.) „I can assure you - a ganeffl“(Er ist unreell.)„He is oi- scher at all.“ (Er hat Geld.) „A koscher affaire!“ (Sichere Sache!)

Mehr braucht’s nicht zur transatlantischen Verständigung; B arame- rika versteht dich und sich kraft eines inneren Gehörs, das Ido und Esperanto überflüssig macht: The Soul’s Jewish accent… Ich habe Morlaken und Kanadier gesehen, die in dieser Sprache Aktiengesellschaften ins Leben gerufen haben.

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