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Bemerkenswertes aus dem Munde des Professor Nussbaumer

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Eine gediegene Visitenkarte als geheimer Wirtschaftsberater des Bundeskanzlers hinterließ jüngst Univ.-Prof Dr. Adolf Nussbaumer bei einer Diskussion im Kreise der aus einem. Kreisky-Unterstützungskomitee entstandenen „Aktiven Österreicher”.

Auffallend offene Worte fand Nussbaumer für die von Sozialminister Gerhard Weissenberg vorgeschlagenen Maßnahmen zur Bewältigung der bis 1985 angespannten Arbeitsmarktsituation. Weissenberg hatte vorgeschlagen, Gastarbeiter abzubauen und die Arbeits zeit durch Senkung des Pensionsalters zu reduzieren: „Von der Warte des Sozialministers ist das durchaus richtig”, findet Nussbaumer, „man löst das soziale Problem und hat auch weniger Arbeitslose.”

Was bei Weissenbergs Vorschlägen auf der Strecke bleibt, ist nach Nussbaumer allerdings die Wirtschaftspolitik. Der Arbeitsplatzengpaß stelle sich auch und vor allem als strukturelles Problem dar. Denn wer könne garantieren, daß jene Arbeiten, die derzeit von oft ungelernten Gastarbeitern ausgeführt werden, nach dem Abbau der Gastarbeiter auch tatsächlich von österreichischen Arbeitskräften übernommen werden?

Auch für eine Verkürzung der Arbeitszeit fand Wirtschaftsexperte Nussbaumer eher warnende Worte: „Man löst keine wirtschaftlichen Probleme, indem man das volkswirtschaftliche Arbeitskräftepotential und die Wachstumschancen vergeudet.” Bei einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von vier Prozent pro Jahr, glaubt Nussbaumer übrigens, daß die bis 1985

zusätzlich zu erwartenden 370.000 Arbeitskräfte zu verkraften sein werden.

Im Gegensatz zur offiziellen sozialistischen Version, die von Zahlungsbilanzproblemen nichts gehört haben will, mißt Nussbaumer der zu erwartenden Handelsentwicklung größte Bedeutung bei.

Am positivsten würde sich natürlich eine einseitige Expansion der Exporte auswirken. Dem seien aber natürliche Grenzen gesetzt: „Denn: Ohne Käufer macht ma’ ka’ G’schäft’” Mit Exporten in den Westen ließe sich nicht viel machen, da fast alle westlichen Länder unter ähnlichen Sorgen leiden; der Osten komme wegen der steigenden Verschuldung srate der ComecoruLän- der auch kaum in Frage. Und die reichen Ölländer? Deren Absorptionsfähigkeit beurteilt Nussbaumer als sehr gering.

Bleibt die Importbremse als einzige Chance. Aber wie kann sie genützt werden, ohne Österreichs Handelspartner zu Schikanen zu provozieren? Nussbaumers mosaikhafte Vorschläge, die nur die Vielfalt der Möglichkeiten zeigen sollen: Bedingungsloses Ja zum Energiesparen, strukturell verbesserte Lebensmittelproduktion, rein österreichisch organisierte Femreisen an Stelle der Vermittlung an deutsche Unternehmen, Versuche mit der Konsumelektronik, forcierte Erzeugung von Qualitätsmöbeln, keine weiteren ausländischen Einkaufsketten usw….

Die von Nussbaumer dargebotenen Proben seines „Könnens” legen einen Wunsch nahe: Kreisky möge ihm nicht nur sein Gehör, sondern auch seinen Glauben schenken.

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