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Boulevard

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Das Lustspiel „Löwe-Löwe-Skorpion“ (in Wien unter seinem ursprünglichen Titel „Drei Zwillinge“ bekannt) von der jungen Christina Kövesi ist so unansprechend und kompliziert wie sein Titel. Die Konstruktion vom Mann, der in verschiedenen Etagen eines und desselben Hochhauses mit drei Frauen lebt und schließlich der Düpierte der drei Geliebten ist, teilt sich auf zwanzig Bilder auf und schleppt sich wortreich, aber pointenarm zwei Stunden lang im Grazer Schauspielhaus dahin. Dafür ist zu allerletzt der Regisseur verantwortlich: Ernst Wolfram Marboe, von dem man Einschlägiges um Grade besser gesehen hatte, kann ein Boulevardstück, dem Witz, Schlagkraft des Textes, profilierte Rollen und das winzige bißchen Realismus völlig fehlen, mit noch so vielen Kunststückeln auch nichts mehr retten. Die Schauspieler (Otto David, Gerti Pall, Ute Radkohl) tun einem leid, die öden Dialoge weh, nur das Bühnenbild des jungen Thomas Moog entschädigt den strapazierten Zuhörer ein wenig.

Gert Hagen Seebach, einer der jungen Kodirektion des Grazer Schauspiels, der vor einiger Zeit mit seinem „Fräulein Julie“ aufgefallen ist, hat eine ähnlich gute Hand wie seinerzeit bei Strindberg nun bei Horväth bewiesen. Das subtile Geflecht von Schuld und Sühne, das der Dichter im „Jüngsten Tag“ nachzeichnet, erhält in Seebachs Inszenierung jene seltsame, gleichzeitig luzide und dumpfe Färbung eines distanzierten Realismus, von dem sich deutlich der metaphysische Hintergrund abhebt. Die Schwierigkeit, den Horväthschen Text zu sprechen, wurde erstaunlich gut bewältigt: Dialoge, die eigentlich Monologe von Kontaktgestörten sind und in denen immer nur soviel hörbar wird wie von einem Eisberg sichtbar ist, können nur mittels einer unaufdringlichen Verfremdung ihre Funktion als demaskierendes Element erweisen. Wie das in Graz geschah — mit Frtt2 Holzer, Margit Jautz, Kurt Sterneck und Ingeburg Amode in den Hauptrollen — und wie der außersinnliche Bereich durch die Stahlkonstruktionen der Bühnenmaschinerie markiert wurde (Christian Schieckel) — das war aller Achtung wert.

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