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Broadway à la Sankt Marx

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Turbulent geht's zu in der Geschichte des Wiener Naschmarkts, die Ereignisse überschlagen sich seit 1975. Am Anfang die offizielle Gemeindeparole: Weg mit den Standin, Demclierung des mehr als 50jähri-gen Provisoriums Naschmärkt. Platz für eine Stadtautobahn. Doch im heißen Kampf uns Überleben trugen die Standler den Sieg davon. Der Nasdhmarkt wurde für weitere zehn Jahre genehmigt. „Weana Schmäh“ hatte seinen Triumph: Als Volltreffer ging ein Krauthäuptel in einem spektakulären Fußballent-

seheidunigamatch der Standler gegen die Maigistratsbeaimten ins Gemeindetor. Die Zukunft war vorerst gesichert.

Das war „Schabernack I“, die erfolgreich-witzige Wiener Mischung aus Musical, Kabarett, Volkststück, Broaldiway-Revue ä la St. Marx. 1975 war sie für 'die Wiener Festwochenarena entstanden. Für heuer haben nun das Texterteam Kraulitz-Neversal-Schneeweiss-Jäger und der Komponist Arthur Lauiber an ihrem „Schabernack“ weiter gebaut und gebastelt. Ein wenig weitergesponnen, weiteigeblädelt und eine Menge „Weana Schmäh“ dazuver-packt. Und wieder zeigen sie ihr Kind, den schon recht stattlich erwachsenen „ S chabemaek “- B engel Nummer 2, in der Arena vor.

Eine große, barock, sprich: dick aufgetragene Naschmarkt-Allegorie: Der Markt mausert sich jetzt als politisch aktiv, wird Freistaat und steigt mit Parteienwerbung groß ins Geschäft. Und schaurig schön ist schließlich das Grottenbahnfhiale: Der Naschmarkt als Freilichtmuseum. Standlerprominenz, von der Frau Sopherl bis zur Krammel-Sissy, vom Fesch-Franz bis zum Schaber-Karl, wird zum Marionettentheater aus garantiert rostfreiem Plastik. Gegen Geldeinwurf spielen die Automaten für Touristen auf... Naschmarkt von Anno Dazumal, aus der guaten alten Zeit von 1976.

Das ist nun im ganzen wirklich eine recht liebenswerte Geschichte geworden, bei der vor allem das

Publitoum auf seine Rechnung kommt. An Blödeieien, Klamauk, an flotten Texten fehlt es nicht Auch nicht an zumindest sauber swingenden (Konfektions-)Melodien, an Schlagern.

„Misthaufen“-Musiker und ein flottes Schauspielerteam, so Hellmuth Hron, Toni Böhm, Charles Elkins und Lydia Weiss, lassen ihrem Spaß am Komödientru'bel freien Lauf. Nach etwas trockenem Start cutrieren sie bunt drauflos, füllen die Arenabühne spielend. Und Tilla Hohenfels und Grita Kral tin-

geln zum Gaudium aller als Schöne der Nacht im Naschmarkt-Gunstgewerbe.

Regisseur Heimut Siderits, in arger Zeitnot, kam allerdings nicht zum Perfektionieren, Stilisieren, Ausfeilen, Polieren. Was man merkt. Denn da könnten etliche Szenen wesentlich dichter werden, mehr Kontur bekommen. Pointen — Schlag auf Schlag: Das wäre die richtige Norm. Aber das zu erzielen, hätten sie mehr Zeit gebraucht. Eigentlich schade, sie sollten an diesem Schabernack weiterarbeiten. Er ließe sich zu einer perfekten Wien-Komödie zurechtstilisieren. Zum ersten erfolgreichen Austro-Pop-Musical, nach den Fehl schlagen von „Fäustling“, „Proletenpassion“,

„Karli“, „Gomorrha“... Und das wär's doch wert.

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