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Brüssel wehrt sich gegen Moskaus Einmischung

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In welchem Geiste die belgische Regierung dem Generalsekretär der KPdSU auf seinen direkten Einmischungsbrief in die westliche Sicherheitspolitik antworten wird, hat Außenminister Henri Simonet der belgischen Kammer der Volksvertreter in der letzten Parlamentssitzung bekanntgegeben.

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In welchem Geiste die belgische Regierung dem Generalsekretär der KPdSU auf seinen direkten Einmischungsbrief in die westliche Sicherheitspolitik antworten wird, hat Außenminister Henri Simonet der belgischen Kammer der Volksvertreter in der letzten Parlamentssitzung bekanntgegeben.

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Bekanntlich hatte Breschnew die europäischen Regierungen ersucht, die Produktion und Anwendung der von den USA geplanten „Neutronenwaffe“ öffentlich zu verurteilen. Die Antwort der meisten europäischen Regierungen auf den Breschnew-Brief steht noch aus.

Die belgische Regierung - durch die breite Koalitionsbasis von Christdemokraten, Sozialisten und regionalen Sprach- und Kulturparteien sowieso schon zu Kompromissen verurteilt -hat auf Fragen einiger Abgeordneter, die „nicht notwendigerweise die gleichen Aspekte des Problems angerührt haben“, eine Antwort erteilt, die den europäischen Regierungen und den hinter ihnen stehenden Parteiführungen als klassisches Vorbild vorgehalten werden müßte, wie strategisch und taktisch der agitatorische Amoklauf der Sowjets gegen die Neutronenwaffe abgewehrt werden kann:

• Die Entscheidung über die Produktion der Neutronenwaffe hängt ausschließlich von der Befugtheit der Regierung oder der Regierungen ab, welche die technologischen und finanziellen Mittel dafür besitzen.

• Die Regierung der Vereinigten Staaten hat es deswegen nicht nötig, ihre Alliierten wegen der Entwicklung einer strategischen oder taktischen Kernwaffe zu konsultieren.

• Die US-Regierung hat die belgi-' sehe Regierung wissen lassen, daß sie die Entwicklung der N-Waffe als Teil der Verhandlungen zur Truppenreduzierung und bei den Abrüstungsgesprächen betrachtet.

• Die belgische Regierung ist der Ansicht, daß die Abrüstung ein Weltproblem ist. Ihrer Verwirklichung wird nicht dadurch gedient, daß einseitige Beschlüsse gefaßt werden, die angesichts des in Europa bestehenden Ungleichgewichts der Rüstung einen der westlichen Bündnispartner seiner Kompensationsmöglichkeiten beraubt.

• Im jetzigen Stand der Beratung innerhalb der NATO verfügt die belgische Regierung nicht über die nötigen

Erkenntnisse, um sich ein abschließendes Urteil über die eventuelle Anwendung der N-Waffe in Europa bilden zu können.

• Die belgische Regierung hat weder die Möglichkeit noch das Recht, ein Urteil über die in den Niederlanden entstandene politische Lage zu fällen, die sich aus den jüngsten Ereignissen ergeben hat.

Damit hatte Belgiens Außenminister zunächst das Übergreifen des Propagandasturms gegen die N-Waffe aus den Niederlanden auf belgisches Gebiet abgewehrt. Die christdemokratisch-liberal-konservative Regierung Hollands hat sich den Zorn der Parlamentsmehrheit zugezogen, weil sie einen ähnlichen Standpunkt wie die belgische Regierung einnimmt. Das niederländische Parlament jedoch hatte sich kürzlich gegen die Produktion und Verwendung der N-Waffe ausgesprochen.

Es ist durchaus verständlich, daß die belgische Regierung und die hinter ihr stehenden Politiker sich ernste Sorgen über die von den Niederlanden aus gelenkte Entwicklung machen. Belgiens Kommunistenführer Van Geyt hat auf dem Amsterdamer Anti-N-Bomben-Forum jedenfalls seine Instruktionen bereits erhalten.

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