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Christliche Dichtung"

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Sind die Regeln der Grammatik aus einer linquistischen Parallelaktion zum Berg Sinai hervorgegangen, also ebenfalls Verkündigungen höheren Orts?

Nietzsche hat Sprache verdächtigt, Erbin des toten Gottes zu sein und weiterhin dessen Deutungsschemen aufrechtzuerhalten. Mag sein, daß dies mit einer der Gründe ist, weshalb die sogenannte „Wiener Schule" gegen Sprachgepflogenheiten aufmuckt und sich in Sprachdeformationen auslebt.

Kurt Marti, Pfarrer aus Bern, kennt als Theologe das metaphysische Erbe ebenso gründlich wie die Abwandlungen der Aufklärung, also das ganze Abendland. Deshalb heißt auch sein neuer Gedichtband: Abendland.

In seinem „Unser Vater" lesen wir: „dein name möge kein haupt-wort bleiben/ dein name werde be-wegung/ dein name werde in jeder zeit konjugierbar/ dein name werde tätigkeitswort."

Innerhalb der kritisch anvisierten Sprachgrenzen versucht Kurt Marti religiösen Glauben mit dichterischer Anschauung zu erfüllen. Was durch die Reformation so empfindlich beeinträchtigt werden mußte, der Zusammenhalt von christlicher Geistigkeit und bildhafter Vergegenwärtigung, das wird durch den evangelischen Pfarrer wenigstens im Bereich eines Gedichtbandes und dessen besten Zeilen wiederhergestellt. So etwa in dem Portrait des Judas, in dem das geschichtliche Schicksal des Abendlands vorweggenommen ist.

ABENDLAND. Von Kurt Marti, Hermann Luchterhand Verlag, Darmstadt und Neuwied, 1980,99 Seiten, öS 138.60

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