Hans Gratzers eben eröffnetes Schauspielhaus hat im Zyklus „ Fragen "die szenische Lesung „Damals war Krieg. Aber jetzt ist Frieden?" - einen Abend zum Thema Vergangenheitsbewältigung angesetzt. Das Protokoll einer Recherche nach den Spuren von 180 kurz vor Kriegsende getöteten Juden in einem burgenländischen Grenzdorf steht paradigmatisch für das Bewußtsein vieler Österreicher für die NS- Verbrechen. Durchbrochen von Originalzitaten aus Gerichtsakten und Nationalratsprotokollen, aus Zeitungsartikeln und Politiker-Reden gelingt dem Abend - Gott sei Dank noch immer - Betroffenheit auszulösen.
Dramaturgin Marion Wiesinger und Regisseur Eduard Erne haben die Texte spannungssteigernd in die Erinnerungsfetzen eines Kindes an Krieg eingebettet. Optisch und akustisch unterstützen die Lesung Bilder des NS-Massentaumels, der
Kriegsverwüstung und der heilen Welt des Wiederaufbaus nach 1945 in Wochenschau und Kinowerbung. Fehlende Auseinandersetzung mit der Schuld des einzelnen im Neubeginn und vordergründige parteipolitische Interessen an den Wählerstimmen „Ehemaliger" (etwa 500.000!) entquellen den nüchternen Collage-Elementen.