6926040-1982_11_15.jpg
Digital In Arbeit

Das geistige Leben im „Roten Wien

Werbung
Werbung
Werbung

23 Vortragende sprachen bei einer Ring-Vorlesung im Mai/Juni 1980 im Internationalen Kulturzentrum in Wien zum Thema: „Das geistige Leben Wiens in der Zwischenkriegszeit". Die Vorlesungsserie hat Norbert Leser, der Gestalter dieser Veranstaltung, nun auch in Buchform herausgegeben.

Die Debatten kreisten vielfach um die These (Tatsache): Dieses Wien der ersten Republik bestand kulturell aus Ghetto-Kulturen, die religiös-politisch-intellektuell voneinander geschieden waren.

Es war Leser gelungen, eine Reihe von Alt-Wienern als Vortragende zu gewinnen: so Maria Jahoda, so Kurt Adler, den Sohn von Alfred Adler.

Ganz unter repräsentiert war leider das katholische Geistes- und Kulturleben: Willy Lorenz („Katholisches Geistesleben in der Zwischenkriegszeit") befaßte sich nur mit innerkirchlichen Problemen des österreichischen Katholizismus: Kein Schriftsteller, Dichter, Dramatiker, Denker wird da genannt!

Das Ubergewicht sozialistischer Vortragender wird zum Teil durch deren kritische Beiträge ausgewogen. Dabei wird nicht verhehlt: Es gab nur eine spärliche Existenz sozialistischer Schriftsteller, mitten im allmächtigen „Roten Wien".

Oscar Pollak: „Wir hatten in Wien keine sozialdemokratische Kunstpolitik". Diese befand sich in einer „problematischen Mittellage zwischen Kitsch und Avantgarde" — ein Parallelphänomen zur Politik zwischen „Reformismus und Revolution" der großen Parteien (Leser).

Hans Mommsen („Theorie und Praxis des österreichischen Ständestaates") sieht Kurt Schuschnigg von einer Art „mystischen Altdeutschtums durchdrungen". Hier wäre ein Gegenreferat sehr zu wünschen gewesen, vor allem auch eine Auseinandersetzung mit dem ominösen „Faschismus", der — immer noch, trotz einiger Differenzierungen — als Pauschaldenunziation verwendet wird.

DAS GEISTIGE LEBEN WIENS IN DER ZWISCHENKRIEGSZEIT. Hrsg. von Norbert Leser. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1981. 400 Seiten, Ln., öS 498,-

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung