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Das große Gähnen

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Präsidentenwahl in Arne' rika: Da kommt nicht nur den Yankees gleich das große Gähnen. George Bush gegen Michael Dukakis: Hier bleiben viele Augen trocken. Aber wenn nicht noch aus irgendeinem Küchenkasten ein politisches Skelett fällt, wird es mit Sicherheit bei dieser Paarung bleiben.

George Bush hat seit 1980 als Vizepräsident Erfahrungen gesammelt, war vorher schon UN-Botschafter und CIA-Direktor. Von seiner .bisherigen Tätigkeit her ist er der fraglos besser vorbereitete Kandidat. Warum das allgemeine Zögern?

Weil er fad ist und nicht gerade ein Charaktergenie: 1980 kämpfte er als Liberaler gegen Reagan, übernahm dann als dessen Vize alle seine konservativen Positionen und versucht jetzt aus ebenso opportunistischen Gründen davon wieder ein wenig abzurücken.

Das beeindruckt offenbar auch die Wähler nicht sehr, denn alle bisherigen Umfragen zeigen Bush hinter Dukakis, obwohl die Bilanz der republikanischen Regierungsära ansehnlich ist: der längste ungebrochene Wirtschaftsaufschwung seit Kriegsende, geringste Arbeitslosigkeit (5,5 Prozent) seit 1974, geringste Inflation (1JL Prozent), massive Steuer- und Zinsensenkung, 15 Millionen neue Arbeitsplätze seit 1982 und jetzt auch noch der große Abrüstungserfolg.

Aber viele Wähler sehnen sich nach einem neuen Gesicht. Michael S. Dukakis (55), wie Bush (64) ein Sohn von Massachusetts, scheint's zu haben. Aufregend ist es auch nicht: „Jimmy Carter ohne Peanut-Lächeln“. Als Gouverneur hat der Sohn griechischer Einwanderer mit jüdischer Frau Massachusetts zu einem der wirtschaftlich gesündesten Bundesstaaten der USA gemacht,

,JLiberaler“ ist Dukakis eigentlich nur in der Außenpolitik: ein nahezu radikaler Abrüstungsadvokat. Das könnte gut für Amerika und gut für die Welt sein — oder auch gefährlich. Der Mangel an internationaler Erfahrung ist sein Hauptnachteil.

Viel wird es auf seine Mitarbeiter ankommen: Smarte Harvard-Leute sind zu erwarten. Als möglicher Finanzminister gilt auch der gebürtige Österreicher Felix Rohatyn.

Erster Test von Dukakis' Staatsmannsqualitäten wird die Wahl des Vize-Kandidaten sein. Hauptrivale Jesse Jackson (47) kommt nicht in Frage: Für einen Schwarzen ist die US-Zeit noch nicht reif. Aber Jacksons Anhängern muß Dukakis trotzdem signalisieren, daß der spitzzüngige Baptistenpfarrer später einen Spitzenjob erhalten wird. Bush wird sich wohl Ex-Ministerin Elizabeth Dole als Vize holen. Oder die Ex-Botschafterin Jeanne Kirkpatrick.

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