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Das Kabelgold

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In Kanada liegt das Gold in der Luft — für vom Glück begünstigte Zeitgenossen, die von der Regierung Lizenzen für das Kabelfernsehen erhalten. Dieses ist jeweils ein lokales Monopol. In jedem Distrikt gibt es nur ein Unternehmen, das von der staatlichen Canadian Radio-Televi-sion-Commission die so heiß begehrte Cable-TV-Lizenz erhält.

Schon ist das Kabelfernsehen einträglicher als selbst die privaten Fernsehsender. Bereits 1971 waren die Profite der Cable-TV-Firmen auf 32,000.000 Dollar geklettert, während die im Privatbesitz befindlichen Fernsehsender „nur“ 30,000.000 Dollar von der Werbung kassierten.

Kabelfernsehen bietet einen störungsfreien Empfang und mehr Sender auf dem Bildschirm. Dafür kassieren diese beneidenswerten kanadischen Monopolunternehmen von ihren Abonnenten, im Schnitt, jährlich 50 Dollar — mehr als ein Zeitungsabonnement kostet. Interessanterweise ist das Kabelfernsehen in Kanada populärer als im südlichen Nachbarland. Gemäß einer vor kurzem vreöffentlichten Statistik sind bereits 30 Prozent der “kanadischen Haushalte an das Kabelfernsehen angeschlossen — verglichen mit bloß 9 Prozent in den USA.

In der Metropole am Ontariosee, in Toronto und Umgebung, sind zwölf Firmen im Kabelfernsehen aktiv. In zwölf Schnitten wird der „Goldene Fernsehkabelkuchen“ geteilt. Böse Zungen behaupten, daß ausgezeichnete Beziehungen zur Regierungspartei notwendig sind, um eine derart einträgliche Lizenz zu erhalten. Eine der zwölf Firmen Torontos, die aus dem Kabelfernsehen bedeutende Gewinne erzielen, ist Maclean-Hunter, Kanadas größter Zeitschriftenverlag, der auch politisch einflußreiche Publikationen herausgibt. Viel kommentiert wurde die Verleihung der Lizenz für das Kabelfernsehen in Halifax, dem „Torweg zum Antiantik“. Hier kamen zwei Altpräsidenten der Nova Scotia Liberal Association zum Zug. Ihr Konsulent war Jim Regan, der Bruder des liberalen Premierministers von Nova Scotia.

Eines der prominentesten Unternehmen in dieser Sphäre ist die Canadian Cablesystems Ltd., deren Tochtergesellschaften über 300.000 Abonnenten haben. Am einträglichsten ist ihre Metro Cable TV (Toronto), die in ihrem Gebiet bereits 53 Prozent der Haushalte als Abonnenten hat und von 76.600 Kunden die Gebühren kassiert. Canadian Cablesystems Ltd. hat rund 4000 Aktionäre und erzielte 1973 einen Reingewinn von 3,300.000 Dollar. Canadian Cablesystems Ltd. besitzt auch einen Anteil von 48 Prozent an Famous Players — Kanadas größter Kinokette — mit 332 Kinos und 58 Drive-Ins (Autokinos) im Lande. Zudem hat F. P. einen Anteil von 50 Prozent an Parafrance Films S. A., einer Kette mit 18 Kinos in Frankreich.

Der „Goldene Strom“ aus dem Kabelfernsehen ermöglicht Canadian Cablesystems Ltd. auch die Beteiligung an drei Fernsehsendern, den Besitz des Northstar Inn (272 Zimmer) in Winnipeg, einen Anteil von 30 Prozent an dem Eishockeyteam der Edmonton Oilers und die Teilfinanzierung von 30 kanadischen Spielfilmen im Laufe der letzten vier Jahre. Unter den prominenten Persönlichkeiten des Wirtschaftslebens, die Direktoren von Canadian Cablesystems Ltd. sind, befinden sich der Vorsitzende des Forstproduktgiganten MacMillan Bloedel und der Vizevorsitzende der Großbrauerei Labatt.

Eine einzige Gefahr droht diesem Bombengeschäft. In der Prärieprovinz Manitoba hat die sozialistische Regierung angekündigt, daß sie hier die Kabelfernsehunternehmen übernehmen werde. Die Einkünfte dieser Monopolfirmen würden es Manitoba ermöglichen, die Steuerlast zu reduzieren.

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