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Digital In Arbeit

Das kommunale Elend

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Sie nennen sich „Missing-Link“, die beiden jungen Architekten Otto Kapfinger und Adolf Krischanitz, das (bisher) fehlende Bindeglied zwischen den Bauherren und den Konsumenten, sprich Mietern. Wohnbauvermittler sozusagen.

Sie haben auch schon eine Geschichte hinter sich, haben begonnen als Kritiker des verkrusteten sozialen Wohnbaues, haben ihn ad absurdum geführt, mit Antiobjekten, ironischen Konstruktionen. Jetzt sind sie einen Schritt weiter, sind zur konkreten Alternative vorgedrungen, zu ausgearbeiteten Plänen, zu fertigen Wohnbaukonzepten.

Diese Konzepte stellen sie im Museum des Zwanzigsten Jahrhunderts aus. „Kommunikationsintensive Siedlungen“ mit Gärten, kleinen Geschäften, Cafes, Treffpunkten für die Mieter. Eine Wohnhausanlage, die aus sich heraus lebt gewissermaßen, die eine Eigendynamik entwickelt, die das schöpferische Moment im einzelnen Bewohner anspricht. Mobile, demokratische Architektur.

In gewissem Sinne auch eine Rückkehr, eine Rückbesinnung auf die große Zeit des Wiener Wohnbaus, Anklänge an die Konstruktion des Karl-

Marx-Hofes etwa, an die großen idealistischen Konzepte des Werkbundes, an die Gebrauchskunst der Sezessio-nisten. Wohnen als Ausdruck der sozialen Gesinnung, als Stellungnahme des Einzelnen. Vielleicht ein nostalgischer Hauch, ein Zurück vor der überwuchernden Technologie.

Den Objekten und Projekten der „Missing-Link“ haftet aus diesem Grunde natürlich etwas von der Utopie der Werkbundkonzepte an. Sie scheinen allzu lieblich, verlockend und leicht zu verwirklichen und gehen gerade deshalb leicht an der Wirklichkeit vorbei. Eine gewisse Sozialromantik bricht immer wieder durch, die naive Vorstellung, Isolation und Einsamkeit sowie soziale und ökonomische Benachteiligung durch ein paar Greißlerläden, Beiseln und das Zauberwort „Kommunikation“ lösen zu können. Eine Kultivierung des grauen Alltages sozusagen.

Trotzdem, die Alternativen der „Missing-Link“ beruhen auf Erfahrungen, stellen eine konkrete Aussage über Architektur dar, und zeugen vor allem von dem Engagement der Beteiligten. Deshalb ist die Ausstellung auch gut.

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