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Das ungeliebte Kind

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Seine Geburt scheint eher ein Mißverständnis gewesen zu sein. Eigentlich wollte ihn niemand haben.

Der kleine, sechs Monate alte Rudi aus Linz trägt in sich den Makel eines Ausgestoßenen. Seine drogensüchtige Mutter infizierte ihn schon vor der Geburt mit dem AIDS-Virus HTLV-III, seither gehört er zu einer neuartigen Klasse von unbe-rührbaren Parias unserer Gesellschaft.

Obwohl das Kind Träger von AIDS-Antikörpern ist, entwickelte es sich nach Aussage der Ärzte „völlig normal“, trotzdem wollte das ungeliebte Kind niemand adoptieren. Nach Österreich zu medizinischen Zwecken eingeflogene Schimpansen erregten aber gleichzeitig wegen Tierquälerei Protestaktionen.

Eine andere Lösung dieses Problems wurde uns im ,J.n-landsreport“ angedeutet. Eine rechtzeitig durchgeführte Abtreibung hätte die ganze „Sache“ längst erledigt.

Uberraschend fanden sich nun nach dem erstenFernseh-auftritt des kleinen Rudi doch zwanzig Ehepaare, die ihn adoptieren möchten.

Ist ihre Entscheidung nun nach allem als heroische Tat zu betrachten? Nein, es wird von uns nichts Heroisches verlangt, sondern ein Mindestmaß an menschlichem Anstand, der sich des Wertes und der Würde - auch eines AIDS-erkrankten — mensch-UchenLebens bewußt ist.

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