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Das war Pannonien

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Bis zum 1. November ist parallel zur Hauptausstellung des Landes Niederösterreich, „Spielzeug, Spiel und Spielereien“ , im Waffenkeller der Schallaburg die Sonderausstellung „Aquincum - Das römische Budapest“ zu sehen.

Die meisten der 788 präsentierten Fundgegenstände (Mosaiken, Steindenkmäler, Waffen, Keramik, Glasgefäße, Schmuck) sind erst zwischen 1970 und 1986 in Obuda (Altofen), dem alten Stadtkern der ungarischen Metropole, freigelegt und dort noch nie vorgestellt worden. Nur ein kleiner Teil der im Besitz des Bu- dapester Historischen Museums befindlichen Exponate wie die bereits zu Weltruhm gelangten

Fresken aus einem Bad der römischen Lagerstadt - mit Pfau, einem pfeilschießenden Reiter in orientalischer Tracht, einer Tigerin und einem Panther - stammen aus früheren Grabungen. Man hat sie aber extra für die 1986 im Westfälischen Museum, Münster, gestartete Wanderausstellung, die über Kempten im Allgäu nach Österreich gekommen ist, restauriert.

Sie sind von gleicher Art und Qualität wie die Fundgegenstände aus Carnuntum — war doch Aquincum seit der Teilung der römischen Provinz Pannonien in Pannonia Inferior und Pannonia Superior (Unter- und Ober-Pan- nonien) im Jahre 107 n. Chr. Hauptstadt und damit militärisches, politisches und wirtschaftliches Zentrum Unter-Pannoniens, Carnuntum die Hauptstadt von Ober-Pannonien. Beide fungierten als Bollwerk an der Donau und hatten das römische Imperium an seiner Nordostgrenze zu schützen.

Gegründet wurde .Aquincum, das erst seit Kaiser Vespasian (69 bis 79 n. Chr.) offiziell diesen Namen trug, wie Carnuntum zunächst als Holz-Erde-Kastell. Trajan (98 bis 117 n. Chr.) und Hadrian (117 bis 138 n. Chr.) bauten es aus Stein weiter. Gleich Carnuntum erlitt Aquincum während der Markomannenkriege (166 bis 180 n. Chr.) schwere Schäden und wurde im 3. Jahrhundert wieder um- und ausgebaut.

Das Lager nahm eine Fläche von 476 mal 570 Metern ein. Rings um die Garnison der Legio II Adiutrix erstreckten sich zwei Auxiliär- (Hilfstruppen-)Kastel- le und eine umfangreiche Lagerstadt (canabae legionis) mit palastartigen Gebäuden. Nördlich des

Legionslagers befand sich die Zivilstadt, die eigentliche Handwerker- und Händlersiedlung, in der auch einheimische Kelten wohnten, ein wichtiger Hafen sowie der Marktplatz, Tempel für verschiedene Gottheiten, 19 Bäder und zwei Amphitheater. Die Zahl der

Bewohner wird auf etwa 50.000 geschätzt.

Während das heutige Obuda, ein Stadtteil Budapests, direkt aus den Ruinen des antiken Aquincum erwuchs, verfiel Carnuntum, in seinen Ruinen hausten lediglich ein paar Germanen. Auch wenn seit dem Abzug der Römer (488 n. Chr.) die Gräber der Toten beraubt wurden, und das Steinmaterial in Kalköfen und zu den Bauhütten der Kirchen und Schlösser von Petronell und Deutsch Altenburg gewandert ist: Die Grabungsergebnisse im primär von Feldern bedeckten Carnuntum sind ergiebiger als im verbauten Aquincum, auch befriedigender als in dem weit bedeutungsloseren Vindobona, aus dem bekanntlich Wien geworden ist.

So kam in Budapest nicht nur das kleine, sondern auch das 130 mal 110 Meter große Militär-Am phitheater zutage, in dessen Rängen 16.000 Zuschauer Platz gefunden hatten. Bemerkenswert sind die sogenannte Herkules-Villa in der Lagerstadt mit prächtigen Mosaikfußböden und der Statthalter- Palast, der mit Wand- und Dek- kengemälden geschmückt ist.

Im Zusammenhang mit Bauarbeiten stießen die ungarischen Archäologen außerdem auf ein höhlenartig ausgebildetes Mithras-Hei- ligtum. Es befand sich im Haus eines Militärtribunen im Senatorenrang.

Die Ausstellung zeigt unter anderem das nordseitige Wandgemälde, auf dem die Taten des Mithras dargestellt werden.

Die Mithras-Verehrung war, zumal in Militär kreisen, sehr verbreitet. Ursprünglich war Mi-

thras ein altiranischer Lichtgott, der gegen die Finsternis und das Böse in Gestalt eines Stieres kämpft. Aus den Blutstropfen des Ungetüms sprießen Menschen, Pflanzen und Tiere und symbolisieren, daß der jugendliche Gott Behüter und Schöpfer sämtlichen Lebens ist. Als Erlösergott kommt er am Ende aller Tage wieder und erweckt die Guten zum ewigen Licht.

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