Das Prinzip moderner Um- frageforschung ist alt. In Europa entwickelte sie sich mit Sozialuntersuchungen, in den USA mit Wahlprognosen.
Bereits 1787 verwendete David Davies Fragebögen um eine Erhebung über das Haus- haltsbudget der Arbeiterklasse in England durchzuführen. Sir Frederic Morton ließ einen In- terviewer ein Jahr lang durch das Land reisen, um 1797 einen Bericht über die Lage der Ar- men zu veröffentlichen. 1824 gab es in den USA die erste „Straw Poll", eine Probeabstim- mung zur Voraussage eines Wahlergebnisses. Die vermut- lich erste Meinungsbefragung im eigentlichen Sinn erfolgte 1907 durch das „Chicago Jour- nal" zu einer Verkehrsmittel- verordnung.
In Österreich führte Paul La- zarsfeld in den frühen dreißiger Jahren Untersuchungen durch, allerdings ohne eine Berücksich- tigung der Repräsentativität von Stichproben. Nimmt man die-
sen Faktor als Voraussetzung für wissenschaftlich fundierte For- schung, so kann man politische Meinungsforschung in Österreich auf die Amerikaner zurückführen.
Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges hatte es sich eine eigene Dienststelle der Ame- rikaner zur Aufgabe gemacht, die Stimmung der österreichischen Bevölkerung zu untersuchen. Dabei war weniger der innenpoli- tische Aspekt von Interesse als viel- mehr die Haltung der Bevölke- rung gegenüber den Besatzungs- mächten und die Beobachtung etwaiger kommunistischer Ten- denzen.
Eine Veröffentlichung der Er- gebnisse fand nie statt, die Mei- nungsforschung existierte unter
Ausschluß der Öffentlichkeit.
1949 gründete ein Mitarbei- ter der amerikanischen Besat- zungsdienststelle, Siegfried Beckert, eine eigene For- schungsorganisation, das spä- tere Österreichische Gallup- Institut. Unabhängig davon wurde 1950 das zweite Institut, Fessl-GFK, gegründet. Erst nach 1955 nahm durch den Ausbau der Marktforschung das Interesse für politische Demos- kopie zu.
Vorerst blieben jedoch die Amerikaner ein wichtiger Fak- tor für die Auftragsituation der Institute, indem vor allem Reaktionen auf weltpolitische Ereignisse Untersuchungsge- genstand waren. Innenpoliti- sche Studien wurden erst all- mählich von den Großparteien und politischen Interessens- vereinigungen in Auftrag ge- geben, ehe sie sich in den frü- hen sechziger Jahren als stän- diges Hilfsmittel der Politik etablierten.