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Der „Fraktiönligeist“

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Hatten sich noch anläßlich der letzten Hochschülerschaftswahlen 12 Fraktionen der Wahl gestellt, so werden diesmal 14 Listen auf Stimmenfang gehen; der „Fraktiönligeist“ feiert — rechts wie links — fröhliche Urständ, wobei nicht nur die bereits bestehende Aufsplitterung vergrößert wurde, sondern auch die Palette der Wahlwerber durch einige mehr als dubiose Fraktionen ergänzt wurde. i

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Hatten sich noch anläßlich der letzten Hochschülerschaftswahlen 12 Fraktionen der Wahl gestellt, so werden diesmal 14 Listen auf Stimmenfang gehen; der „Fraktiönligeist“ feiert — rechts wie links — fröhliche Urständ, wobei nicht nur die bereits bestehende Aufsplitterung vergrößert wurde, sondern auch die Palette der Wahlwerber durch einige mehr als dubiose Fraktionen ergänzt wurde. i

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So erscheint der studentische NDP-Ableger nunmehr unter der Bezeichnung „Nationale Liste deutscher Sozialisten“ auf, was wohl mehr ist als ein hübsches Wortspiel. Da die wahlwerbenden Gruppen keine Vereine im Sinn des Vereins-gesetzea sind, sondern lediglich Wahlgameinschaften, die für ihre Kandidatur eine bestimmte Anzahl von Unterschriften benötigen, ist für eine derartige „Interessensgemeih-schaft“ eine Nichtgenehmigung der Vereinsanmeldung zwar nicht mög-

lioh, Eingeweihte jedoch sind sicher, daß eine Überprüfung nach dam Verbotsgesetz stattfinden wird. Als weiteres Kuriosum ist die „Neue Mitte“ zu werten, die nichts anderes ist als ein Ableger einer dubiosen amerikanischen Sekte; die „Aktion kritische Theologie“ ist in Wahrheit ein Anhängsel des VSStö, und die Gruppe „Offensiv Links“ ist noch von den letzten Nationalratswahlen bekannt, wo sie'jedoch über eine ' Hand voll Stimmen nicht hinauskam. Quasi als Glasur auf dem Wahlkuchen finden

sich die „Jungen Europäischen Studenten“ (JES), die von der Paneuro-pa-Bewegung gesponsert werden. Neu ist auch das Innsbruoker „Forum“, jedoch handelt es sich hier im wesentlichen um das. ehemalige Team-Innsbruck, das anläßlich der letzten Wahlen zwei Mandate erringen konnte. Bleibt noch der Neuling DSU des ÖSU-Dissidenten Keckeis, eine Fraktion, die im wesentlichen lediglich aus den sechs aus der ÖSU ausgetretenen Mandataren besteht und daher keine Basis in der Studentenschaft hat. Auf Grund der bisherigen Politik sowie der „programmatischen“ Ankündigungen muß auch diese Fraktion als sozialistische Gruppierung angesehen werden; man hofft, auf Grund der phonetischen Namensähnlichkeit (ÖSU-DSU) der ÖSU einige Stimmen abzunehmen.

Interessant ist insbesondere, daß das neue UOG im Wahlkampf nicht den Stellenwert bat, den man ihm eigentlich zumessen sollte. Anstatt einer intellektuellen Auseinandersetzung über dieses Gesetz findet derzeit — insbesondere in Wien — eine Sohlaramschlacht statt, die vor allem von den kleinen und neuen Fraktionen, die ja nichts zu verlieren haben, betrieben wird. So hat sioh die DSU auf eine wüste Verteufelungskam-pagne gegen die ÖSU eingerichtet; aus der Tatsache, daß die DSU den

Wahilkampf fast ausschließlich gegen die österreichische Studerutenunion führt, ist klar ersichtlich, daß es der Linken in erster Lin^ darum geht, die stärkste Fraktion zu schwächen, und daß sie den RFS als Exponenten der studentischen Rechten „net amol ignoriert“. Dazu kommt, daß DSU-Boß Keckeis nach wie vor ohne Einberufung des Zentralausschusses sowie ohne Budget dahinlaviert, die Einrichtungen der ÖH für seine und die Zwecke des VSStö benutzt und mit ÖH-Geldern teure DSU-Propaganda betreibt, die durch keinen ZA-Beschluß gedeckt ist. In der letzten Ausgabe seiner Postille (Kostenpunkt pro Nummer rund 100.000) wurde zwar jeder wahlwer-

Mandatsergebnisse der letzten ÖH-Wahlen (1974)

Österr. Studentenunion (ÖSU) + Listen 28

Ring Freiheitl. Studenten (RFS) 12

Verband Soz. Stud. Österreichs (VSStö) + Listen 8

Marxisten-Leninisten (MIS) 2

Gruppe revolutionärer Marxisten (GRM) 1

Kommunist. Studentenverband (KSV) 1

Aktion 1

benden Fraktion großzügigerweise eine halbe Seite zur Verfügung gestellt, allein es fehlte eine Stellungnahme der ÖSU, die angeblich nicht eingetroffen war. Tatsächlich hatte die ÖSU jedoch eine solche Stellungnahme übermittelt. Daneben werden immer wieder finanzielle „Machenschaften“ der ehemaligen ÖSU-Funktionäre „aufgedeckt“, die sich zwar bislang regelmäßig als Seifenblasen erwiesen haben, aber ihren Zweck („Etwas wird schon hängenbleiben“) dennoch erfüllen dürften, da sich gewisse österreichische Zeitschriften mit wahrer Wollust auf jeden neuen „Skandal“ stürzen.

Wahrend die ÖSU und auch der RFS im wesentlichen bemüht sind, in ihrem eigenen Interesse einen sauberen, ruhigen und sachlichen Waihlkampf zu liefern, da sie nur dann die Chance haben, von den Studenten als seriöse Alternative gewählt zu werden, fischen die „Kleinen“ im trüben: da werden Plakate zerfetzt und überklebt, Ständer entfernt; von Beschmierungen nicht zu reden. Ein wenig akademisches Gatch-as-oatch-oan bietet sich dem Betrachter, der nur bedauern kann, daß die wirklich relevanten studentischen Belange, wie insbesondere die neue Universitätsorganisation, auf der Strecke bleiben.

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