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Der Lenz ist da

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Der Herbst ist gekommen, die Zeit der bunten Gegensätze! Der empfindsame Naturliebhaber kann nun, auf Rilkes Spuren, die fruchtvollen Fluren durchstreifen, die losgelassenen Winde spüren und sehen, daß „Die Blätterfallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten.“ Der Bücherfreund hingegen bleibt in der Stadt, wandert von Buchhandlung zu Buchhandlung und stellt befriedigt fest: „Der Lenz ist da.“ Diese Feststellung gilt weniger dem neuen Lenz-Roman „Heimatmuseum“, als vielmehr der merkwürdigen Tatsache, daß das Literaturgeschäftsleben nicht dem natürlichen Jahreszeiten-Zyklus folgt. Wenn es in Wald und Feld herbstelt, erwachen die Buchhandlungen aus ihrem Sommerschlaf und beginnen die neue Saison. Die Auslagen, verläßliche Schaukästen des Zeitgeists, verändern ihr Aussehen. Die übriggebliebenen Reststücke werden in finstere Stellagen,, vielleicht sogar unter verstaubte Ladenhüter verbannt. An ihrer Stelle erscheinen die neuen Bücher, vornehmlich jene, die sich wahrscheinlich zu Bestsellern aus-wachsen werden. Da stehen sie nun, in voller Blüte, im Blickfeld des Publikums, die frischen, prächtigen, vielversprechenden Bücher, wiegen sich in der Hoffnung, bald schon in den Händen eines kundigen Lesers zu liegen, und träumen von siebzehn Auflagen.

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