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Der schwarze Jänner

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Zum ersten Mal in der Landesgeschichte Tunesiens ist es soweit gekommen, daß Präsident Bourguibas Statue gestürzt, sein Auto mit Steinen beworfen und der mutmaßliche Nachfolger, Ministerpräsident Mohammed Mzali, zum Teufel gewünscht wurde. Auch die Verbrennung der Nationalf ahne ist in Tunesien neu; von der Zerstörungswut, Plünderung, ja sogar von fallweiser Vergewaltigung im Tuniser Nobelviertel El Menzah gar nicht zu reden.

Ungewohnt düstere Bilder für Tunis: zwei'Schützenpan-zer vor der österreichischen Botschaft, ein Panzerwagen mit leichtem MG vor der Kathedrale, an allen strategischen Punkten gefechtsmäßig bewaffnetes Militär —ein solches Straßenbild bot sich während der zweiten Jännerwoche.

Natürlich fielen da auch noch eine Unzahl verpickter Auto- und Busfenster, sowie durch Pappendeckel ersetzte Vitrinen auf, für die es alsbald keinen Ersatz gibt. Die regime-kritische und oftmals verbotene Wochenzeitung „Tunis Hebdo" vermerkte dazu zynisch: Fensterglas wird für die absehbare Zeit das beste Geschäft sein. Auch ein Hinweis darauf, daß es bei der Revolte keineswegs nur um Brot- und Getreidepreise ging, und daß die Sturmgefahr noch lange nicht beseitigt ist.

Nach dem Wirtschaftsminister Lasram, dem Finanzminister Moalla und dem Informationsminister Belkodja hat Mzali nunmehr, auch noch den Innenminister Driss Guiga ausgebootet, ohne daß die Zweckmäßigkeit dieser „Säuberungen" klar erkennbar wäre.

Der materielle Schaden der Brotpreis-Revolte geht in die Milliarden, der psychologische ist unabsehbar. Erst beim Versuch, das zerschlagene Prozellan zu kitten, wird es sich zeigen, wie viele Scherben es gegeben hat...

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