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Der Thomaskantor

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Wie soll man einem breiten Publikum begreiflich machen, worin die immer wieder Staunen erregende Qualität der Bachschen Musik besteht? Wer das Buch von Hellmut Kühn gelesen hat, wird so ein Vorhaben nicht mehr für aussichtslos halten. Der Autor schildert den Zeitgeist und weist gleichzeitig nach, daß der Thomaskantor „kein Verhältnis zu seiner Zeit” hatte. Er läßt erkennen, daß darin Bachs Tragik lag: Hätte er der Zeit „ihre” Musik gegeben, hätte sie nicht die Tiefe des bestehenden Oeuvres.

Kühn räumt mit der Vergöt-zung der Melodie auf und öffnet den Blick für das Wesentlichere in der Musik. Daß er, um Mozart richtig zu bewundern, Komponisten wie Stamitz und Wagenseil „Primitivlinge” nennt, tut allerdings weh. Mozart wird nicht größer, wenn man ältere zeitgenössische Kleinmeister herabsetzt. Auch die Bedeutung des alten Zelter und des jungen Mendelssohn für die Bach-Renaissance wird nicht entsprechend gewürdigt.

Das sind aber so ziemlich die einzigen Fehler in diesem plastisch und klar geschriebenen Werk, wenn man von dem kleinen Versehen absieht, daß eines der vielen wunderbaren Notenfaksimiles, Vivaldis Handschrift auf Seite 37, auf dem Kopf steht.

Hervorragend ist die Ausstattung des Prachtbandes, man muß sich geradezu zwingen, das faszinierende Werk nicht in einem Zuge durchzulesen.

JOHANN SEBASTIAN BACH. Von Hellmut Kühn. Quadriga Verlag J. Severin, Berlin, 1984. 192 Seiten, geb., öS 530,-.

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