7040053-1990_13_12.jpg
Digital In Arbeit

Der Wunder-Traktor von Distelburg

Werbung
Werbung
Werbung

Was noch vor wenigen Jahren als Uto- pie abgetan wurde, ist heute Wirklichkeit geworden: Ein Traktor, der mit reinem Rapsöl anstandslos fährt! So geschehen in der kleinen Ortschaft Distelburg bei St. Pölten, wo der Landwirt Josef Bandion seinen Mercedes-Traktor mit einem Els- bett-Motor ausstatten ließ. Der ökologi- sche Kreislauf ist somit geschlossen: Der Raps wächst am Feld, wird am Hof ge- presst, bei der Feldarbeit im Traktor einge- setzt und wächst am Feld wieder nach. "Wir sind damit einen großen Schritt in Richtung Bauerais Energieproduzent wei- tergekommen!", meinte der Präsident der NÖ Landwirtschaftskammer, Abg.z.NR Rudolf Schwarzböck, bei der Präsentation des Wunder-Traktors.

Wie kam es überhaupt dazu? Initiator ist der Obmann der Bezirksbauernkammer St. Pölten, Ing. Anton Reinl, der bereits 1982 die Prognose gewagt hatte, daß zur Jahrhundertwende etwa die Hälfte der Traktoren mit reinem Rapsöl fahren wer- den. Reinl scheint Recht zu behalten, denn die ersten Versuche sind durchaus erfolg- versprechend. Begonnen wurde mit einer einfachen Spindelpresse am Bandion- schen Hof, wo der Raps gepreßt wird. Zuerst wurde das Rapsöl nur zum Heizen der Trocknungsanlage verwendet, dann gingen Reinl und Bandion einen Schritt weiter.

Kurzentschlossen ratterte man mit dem Traktor zur Firma Eisbett nach Bayern, wo umgerüstet wurde. Beim Elsbett-Motor handelt es sich um einen umgebauten Serienmotor, bei dem Zylinderkopf, Nok- kenwelle und Kolben ausgetauscht wur- den. Weiters wurden andere Materialien eingesetzt und der Motor mit einer Spritz- ölkühlung statt der Wasserkühlung aus- gestattet. Die Betriebstemperatur wurde auf 120 Grad Cel- sius hinaufgesetzt. Der Motor ist nicht nur sparsam im Verbrauch, son- dern auch umwelt- freundlich. Es gibt praktisch keinen Schwefelausstoß und kaum Ruß. Dazu kommen die Ungiftigkeit des Pflanzenöls und seine Abbaubarkeit im Boden.

Dazu Präsident Schwarzböck: "Von besonderer Bedeu- tung ist, daß die Wertschöpfung auf dem Hof bleibt, der Getreidemarkt durch die Produktionsumlenkung entlastet wird und Treibstoff-Importe durch Rapsöl er- setzt werden können. Wenn die Verwer- tungsmöglichkeiten gesichert werden können - wir verhandeln derzeit mit der ÖMV über die Errichtung einer Rapsme- thylesteranlage auf dem Gelände der Ölmühle Bruck - dann werden etwa 6000 Bauern mit durchschnittlich je zwei Hektar neu in die Rapsproduktion einsteigen können!" Die Methode Bandion kann also Schule machen: Er baut seinen Raps auf zwei Hektar an, pro Hektar kann er mit etwa 1000 Liter Öl rechnen, ein Liter kommt in Eigenherstellung auf rund drei Schilling. Beim Pressen fällt gleichzeitig der Ölku- chen an, der als hochwertiges Eiweißfut- termittel verwendet wird. Die Spindelpres- se, die im Stadel mit einfachsten Mitteln installiert wurde,hat sich also schon längst rentiert, kostspielig war die Umrüstung in der Höhe von rund 150.000 Schilling, die allerdings von der Landwirtschaftskam- mer entsprechend subventioniert wurde. "Früher haben wir unsere Zugtiere mit Futter vom eigenen Feld versorgt, heute füttere ich den Traktor mit Raps vom eige- nen Geld!", meint Josef Bandion zu sei- nem erfolgreichen Schritt in die Zukunft. Aber nicht nur als Treibstoff ist reines Rapsöl bestens geeignet. Auch als Schmieröl bei Motorsägen wird es bereits mit Erfolg eingesetzt, Frau Bandion will es in der Küche auch nicht mehr missen.

Mit dem Wunder-Traktor von Distelburg ist der NÖ Landwirtschaftskammer jeden- falls der durchschlagende Beweis gelun- gen, daß der Bauer als Energieproduzent in Zukunft erheblich an Bedeutung gewin- nen wird. Aus der Vision von gestern ist die Wirklichkeit von heute geworden.

Information der Niederösterreichischen Landeslandwirtschaftskammer

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung