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Der Zwerg

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Der Roman-Erstling der Wahl-vorarlbergerin Ingrid Puganigg spielt im Winter, in der Fasnacht (alemannisch für Karneval, Fasching). Ein Zwerg aus Graz hat eine junge Frau geheiratet, deren Gesicht für immer die Spuren von Doggenzähnen trägt. Du-bronski trägt Zeitungen aus, Martha übernimmt Heimarbeiten. Es reicht nicht zum Leben, man hungert. Wie steht es mit ihrer Beziehung, um nicht zu sagen Liebe?

Man sollte meinen, daß zwei unausweichlich Gezeichnete, zwei Ausgestoßene, derlei Verstellung nicht kennen. Weit gefehlt. Die einfache Grundidee dieses Buches: zu zeigen, daß Beziehungsunfähigkeit durch keine Not, auch nicht durch die äußerste, automatisch aufgehoben wird. Gibt es tragfähigere Beziehungen als diese Ehe einer Verunstalteten mit einem Liliputaner?

Der Reihe nach werden einige vorgeführt, durchaus nicht mit dem Anspruch, einen repräsentativen Querschnitt durch die Bevölkerung zwischen Höchst und Bregenz zu bieten. Der Fleischhauer erpreßt die Jugendfreundin mit der Lüge, er habe ihretwegen seine Frau umgebracht. Die Mitglieder einer Wohngemeinschaft, mit denen es Martha probiert, lechzen nach Macht, nicht nach Beziehung. Die Malerin, bei der Dubronski (so läßt er sich auch von Martha nennen) unterschlüpft, macht sich nicht nur ein Bild von dem personifizierten Rätsel dieser Person, sondern viele.

Die „Fasnacht" zeichnet ein episch-lyrisches Modell, bietet die Ergründung und Darstellung von Beziehung(slosigkeit). Fiktion dient der Genauigkeit. Nichts Direkt-Autobiographisches duldet Puganigg. Es ist uns nur im Abstand der Erinnerung gestattet.

FASNACHT. Von Ingrid Puganigg. List Verlag. München 1982. 187 Seiten, geb., öS 210.-.

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