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Dialoge aus dem Hades

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Wenn Paracelsus und Moliere miteinander streiten oder Margarethe von Österreich mit Kaiser Hadrian parliert, indessen Montaigne mit Sokra tes philosophiert, wird durch den Dreiklang von Vernunft, Natur und Narrheit ein satirisches Universum entworfen, das in der Weltliteratur seinesgleichen sucht.

Bernard de Fontenelle (1657-1757) steht für ein ganzes Jahrhundert der (Vor)aufklärung, und tatsächlich hat der französische Denker sogar noch Nietzsche beeindruckt. Die freigeistigen Dialoge aus der Unterwelt sind in ihrer ironischen Gebrochenheit der aufklärerischen Verve des Verfassers verpflichtet, wenngleich Fontenelle sich deutlich zu seinem syrisch-griechischen Vorläufer, nämlich Lukia-nos (125-180 nach Christus), bekennt, der wiederum in Homer sein entsprechendes literarisches Vorbild hatte. Die Methode, Tote als „Dolmetscher für die Probleme der Lebenden" zu evozieren, ist also so neu nicht, doch hat sie Fontenelle zur ausgesprochenen Brillanz entwickelt. Wenn die Disputanten aus der Antike mit solchen der modernen Welt zusammentreffen, ist jedwedes intellektuelle Vergnügen durchaus versprochen.

Seltsam, daß die letzte deutsche Ausgabe der insgesamt 36 „Totengespräche" 1727 (!) erschienen ist. Höchste Zeit daher, daß sich der verdienstvolle Verlag mit einer wieder sehr qualitätvollen Neuauflage eingestellt hat, zu der der Übersetzer Hans-Horst Henschen eine ebenso sachkundige Kommentierung wie ein gescheites Nachwort beigetragen hat.

An diesem anspruchsvollen französischen Klassiker sollte man nicht vorübergehen.

TOTENGESPRÄCHE. Von Bernard de Fontenelle. Aus dem Französischen von Hans-Horst Henschen. Fichborn Verlag, Frankfurt Main 1991. 425 Seiten. öS 343,20,,,

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