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Die Flucht aus dem Leben

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Was ist nur los mit Österreichs Jugendlichen? Zählt man aufgrund immer wiederkehrender Pressemeldungen zwei und zwei zusammen, kommt man glatt auf den Gedanken, daß immer mehr junge Menschen auf unseren Wohlfahrtsstaat, auf unsere Konsum- und Leistungsgesellschaft, auf Wachstumsfetischismus und Beschäftigtenstatistik pfeifen. Und aus diesem sinnentleerten, heblosen, materialistisch ausgerichteten Dasein flüchten.

Vielleicht nur in die nächste Disco-thek, um dort im ohrenbetäubenden Lärm die Alltagssorgen zu vergessen^ Aber es gibt auch gefahrlichere

Fluchtwege, etwa den zu den neuen Jugendreligionen, denen in letzter Zeit mehrere Jugendzeitungen, etwa „Der Läufer“ aus Hall in Tirol oder der Welser „Treffpunkt“, ausführliche Berichte widmeten.

„Der Gott heißt zumeist Geschäft -und der hohe Glaube schlicht Profit“ geißelt das Grazer Jugendmagazin „Perplex“ die Sekten als „Seelenverführer“. Die Klagenfurter Schülerzeitung „Acta“ zitiert den evangelischen Theologen Dantine, der den Mangel an Spiritualität bei den christlichen Kirchen für die Zuwendung zu den Sekten verantwortlich macht.

Ein anderer Fluchtweg kann zur Drogenabhängigkeit führen. Die Linzer Lehrlingszeitschrift „In“ bringt ein Interview mit einem Mädchen, dem es gelungen ist, vom Rauschgift loszukommen. Im Haller „Läufer“ wird nach einem Uberblick über die wichtigsten Drogen eindrücklich davor gewarnt, die Wiener Schülerzeitung „Blitzlicht“ bemängelt die Einstellung der Erwachsenen zur Droge Alkohol („In unserer Gesellschaft gibt es geradezu einen sozialen Zwang, Alkohol zu trinken.“) und die Erziehung in Sachen Drogen.

Die endgültige Abkehr vom Leben, den Selbstmord (die Rate ist bekanntlich enorm im Steigen), kommentiert „Blitzlicht“ so: „Ich kann mir nicht vorstellen, daß unser Schulsystem so unschuldig daran ist. Vielleicht herrscht doch zu großer Leistungsdruck!“

Eigentlich sollten die Herren Politiker diesen Problemen mehr Augenmerk schenken. Öder, demagogisch gesagt: Wenn einem Politiker ein paar tausend Arbeitsplätze wichtiger sind als ein paar Milliarden Staatsschulden, dann sollten ihm wohl ein paar Schüler mehr, die nicht Selbstmord begehen, noch wichtiger sein.

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