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Die Loreley

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Wenn Heinrich Heine in seinem geradezu weltbekannten Gedicht „Loreley“ von einem alten Märchen spricht (nicht: uralten übrigens), das ihm nicht aus dem Sinn komme, so ist er dabei einem weniger bekannten Irrtum unterlegen: es gibt keine Märchenfigur dieses Namens. Vielmehr geht es um eine Romanfigur aus Brentanos „Godwi“, der er den Namen Lore Lay gegeben hatte. Aber die Geschichte war so schön, daß sie eine gewisse Unsterblichkeit erlangte, variiert wurde und letztlich in ein „Handbuch für Reisende am Rhein“ als Rheinsage aufgenommen wurde.

Das und manches andere, etwa Mark Twains Ubersetzung ins

Englische, oder das Pamphlet des älteren Dumas, neben rund hundert andern Zeugnissen aus der Literatur, kann man dem recht reizend und pikant illustrierten Buch „Die Loreley“ von Wolfgang Minaty entnehmen.

Wer heute am Loreleyfelsen vorbeifährt, läßt es sich schwerlich nehmen, einen Blick in die Höhe zu werfen und sich von dem Umstand, daß da oben rein gar nichts von einer schönen halbnackten Frau zu sehen ist, enttäuschen zu lassen. Das Besondere am Heineschen Gedicht ist wohl, daß er in einer romantischen Wehleidigkeit schwelgt.

Das Buch zählt auch eine Reihe von mehr oder weniger merkwürdigen Verwendungen des Lo-releysymbols auf. Der Kommerz hat sich seiner längst gewinnbringend angenommen, es gibt Schiffe und Eisenbahnen, die den Namen tragen, aber was man vielleicht nicht wußte, daß es auch eine Automarke „Loreley“ gab (Hersteller Rudolf Ley, dessen Frau Lore hieß). Das Ding hatte 15 PS und ist auch für Kenner ein Märchen aus alten Zeiten.

DIE LORELEY. Gedichte, Prosa, Bilder. Ein Lesebuch von Wolfgang Minaty. Insel Taschenbuch. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1988. öS 109,20.

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