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Die Paukenschiäge

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Vergleiche hinken von Berufs wegen. So auch der Vergleich zwischen dem Alpbacher „Paukenschlag“ Minister Ferdinand Laci-nas und dem — namengebenden — „Paukenschlag“ Professor Stefan Korens vor 19 Jahren. Dennoch ist ein solcher Vergleich lehrreich.

Schematisch betrachtet, war Korens Paukenschlag noch lauter gewesen. Die 3,33 Milliarden Schilling, die er in den Voranschlag für 1969 an Mehreinnahmen aus den neu eingeführten Sonderabgaben vom Einkommen, vom Vermögen, von alkoholischen Getränken und von Kraftfahrzeugen einsetzte, machten 63 Prozent des — abzubauenden — Nettodefizits im Budget 1968 aus.

Bei einem heurigen Nettodefizit von (mindestens) 75 Milliarden Schilling müßte sich somit ein maßstabgerechtes Sanierungspaket auf 47,5 Milliarden belaufen.

Und ebenfalls rein schematisch betrachtet, war Korens Paukenschlag ein Erfolg beschieden, von dem zwei Jahrzehnte später der Finanzminister nicht einmal zu träumen wagt: Binnen drei Jahren war das Nettodefizit vollständig abgebaut und konnte in einem Jubeljahr (1971) die Staatsverschuldung sogar etwas verringert werden.

Ein so schematicher Vergleich tut Minister Lacina allerdings insofern unrecht, als ökonomisch seine Startsituation weit schwieriger ist.

Erstens wegen des höheren Ausgangsdefizits — 1968 rund 1,75 Prozent des Sozialprodukts, 1987 über fünf Prozent -, zweitens und vor allem jedoch wegen der völlig verschiedenen gesamtwirtschaftlichen Situation: Korens Paukenschlag wurde — konjunkturpolitisch völlig richtig—am Beginn eines kräftigen und langen Aufschwunges gesetzt; in den „sieben fetten Jahren“ 1968 bis 1974 erreichte das Wachstumstempo heute kaum noch vorstellbare 5,5 Prozent pro Jahr.

Minister Lacina hingegen mußte—in Erfüllung des Koalitionsabkommens — seinen Paukenschlag am Beginn eines Konsolidierungszeitraumes setzen, für den die mittelfristige Wachstumsprognose des WIFO auf klägliche 1,25 Prozent lautet.

ökonomisch ist die Startsituation Lacinas weit schwieriger als die seines Paukenschlagvorgän-gers Koren, politisch hingegen — sollte man meinen — ist sie ungleich leichter.

Koren riskierte (und verspielte) die minimale Mandatsmehrheit der damaligen ÖVP-Allein-regierung. Lacina setzt (wenn die ÖVP nicht von allen guten Geistern verlassen ist) mit seinem Paukenschlag politisch nichts aufs Spiel.

So groß kann die Verärgerung der „Paukenschlag-Opfer'4 gar nicht sein, daß beide großen Parteien zusammen Angst um ihre (sogar absolute) Mehrheit auch in der nächsten Gesetzgebungsperiode haben müßten, in die der jetzt - endlich - in Gang gesetzte Budgetkonsolidierungsprozeß unweigerlich hineinreicht.

Natürlich darf auch eine solche Gewißheit die Regierung nicht hoffärtig machen.

Daß sie in ihrer jetzigen Zusammensetzung die Zustimmung des Parlaments zu jeder zwischen SPÖ und ÖVP akkordierten Änderung von gesetzlichen Verpflichtungen des Staates erhielte, enthebt sie nicht der Aufgabe, die Konsolidierungslast möglichst ausgewogen zu verteilen.

Auf der Hand liegt, daß sich kein noch so sorgfältig ausgewogenes * Lastverteilungsschema (womit nicht behauptet werden soll, daß Lacinas Schnellschuß in •■ Alpbach diesbezüglich genau ins Ziel getroffen hat) aus der subjektiven Sicht der jeweils Betroffenen ebenso ausgewogen ausnimmt.

Einen kleinen Vorgeschmack hievon — und von der Richtigkeit des Anthony Eden zugeschriebenen Ausspruches: „Jeder erwartet vom Staat Sparsamkeit im allgemeinen und Freigiebigkeit im besonderen“ — hat ja das von Lacinas Paukenschlag ausgelöste Echo von Protesten geliefert.

Die Vielstimmigkeit und die Lautstärke dieses Echos sind jedoch ein gutes Zeichen.

Die Vielstimmigkeit als Indiz dafür, daß schon im ersten — und sicher noch nicht endgültigen — Konzept die Last auf viele Schultern verteilt wurde, die Lautstärke als Anzeichen für das Erreichen der Schmerzgrenze.

Diese nämlich muß gerade mit dem Voranschlag für 1988 erreicht werden, damit der Konsolidie-rungsfahrplan eingehalten wird.

Denn im Steuerreformjahr 1989 und im Wahljahr 1990 drohen Langsamfahrstrecken.

Der Autor ist Wirtschaftspublizist und Herausgeber der „Finanznachrichten“.

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