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Die Seele der Figur

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Die Gorvin spielt wieder in Wien — merkwürdiger- und unverständ- licherweise nicht am Burgtheater, wohin man sie seit ihrer Antigone (1961, in Sellners Antiken-Zyklus) nicht wieder geholt hat —, aber immerhin ab dem 23. Jänner in Robin Maughams „Der Fremde” in der Josefstadt, wo ihre tragikomische Erzsi in örkenys „Katzenspiel” (1972) noch in allerbester Erinnerung ist.

Seit ihrem Wien-Debüt in dem Maria-Stuart-Stück „Dje Verlore- ifeh” von Hans TSchnbeft ‘fThlSater in der josefstadt, 19Š5) ist Joana iWäria Gorvin, die in Hermannstadt als Tochter eines deutsch-böhmischen Vaters und einer rumänischen Mutter geboren wurde, also in einem Raum, der einmal Siebenbürgen hieß und zu den Ländern der ungarischen Krone zählte, auch ihrem heutigen Reisepaß nach Österreicherin: sie hatte Schwierigkeiten mit ihrem Fremdenpaß und man riet ihr, die österreichische Staatsbürgerschaft anzunehmen, was sie. da sie ja ohnedies dem „altösterreichischen” Raum entstammte, gern getan hat.

Studien- und erste Bühnenjahre hat die Gorvin in Berlin verbracht, wo sie auch Jürgen Fehling begegnete, dem großen Regisseur und Fanatiker der Wahrheit, der bis zu seinem Tod für ihr künstlerisches und menschliches Schicksal bestimmend war.

Das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, das Schiller- und Schloßparktheater in Berlin, das Münchner Residenztheater, Zürich und Düsseldorf waren Stationen der Gorvin, bis sie 1960 Mitglied des heute bereits legendären Hamburger Gründgens- Ensembles wurde. Und dem Hamburger Schauspielhaus ist sie auch— mit Unterbrechungen — bis heute treu geblieben.

Unendlich ist die Vielfalt der Gestalten, die Joana Maria Gorvin bisher auf der Bühne verkörpert hat— von den Königinnen, den hohen Liebenden, den modernen Nervösen über die Furien, die Einfachen und die Fröhlichen, bis zu den antiken und modernen Griechinnen und den großen Sprechrollen des Musiktheaters.

Man meint mitunter, der Gorvin eine gewisse „Kühle” nachsagen zu müssen, doch scheinen oberflächliche Betrachter diese mit der Scheu dieser so ungewöhnlich noblen und klugen Schauspielerin vor Selbstentblößung verwechselt zu haben und mit der Tatsache, daß, wie Siegfried Melchinger es formuliert hat, „auf der Bühne niemals die Seele der Gorvin zu Markte getragen wird, sondern stets nur die Seele der Figur, die sie spielt”.

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