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Die Sehnsüchte der Finanzminister

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Kanadas Finanzminister leiden in jüngster Zeit an einer fatalen Sehnsucht: Alle haben sie den Wunsch, ihre Position aufzugeben und die politische Arena zu verlassen. •

Vor zwei Jahren faßte der dynamische John Turner - der „Kronprinz" der liberalen Regierungspartei - den Entschluß, als Finanzminister zu demissionieren und die Politik an den Nagel zu hängen.

24 Monate nach der Übernahme des Finanzressorts demissioniert sein Nachfolger Donald Macdonald. Der 45jährige mit der Körpergröße eines Gardesoldaten, wird sich, nicht mehr zur Wiederwahl stellen.

17 Tage nach seinem Amtsantritt hatte Finanzminister Donald Macdonald die Lohn- und Preiskontrolle eingeführt, die auch jetzt noch in Kraft ist. Zweifelsohne eine notwendige Maßnahme, da die Lohnerhöhungen 1974 im Schnitt 14,3 Prozent, 1975 gar weitere 17 Prozent betragen hatten. Das führte dazu, daß Kanada in etlichen Industrie zweigen nicht mehr konkurrenzfähig war. Im Vorjahr importierte Kanada Produkte im Wert von 770 Dollar pro Kopf, während in den USA Produkte im Werte von 120 Dollar eingeführt wurden.

Als Donald Macdonald das Finanzressort übernahm, hatte Kanada eine Arbeitslosenrate von 7 Prozent. Seither klettert die Zahl der Arbeitslosen von 228.000 auf 878.000, das sind über 8 Prozent.

Paradox, daß Kanada trotz der hohen Arbeitslosigkeit den Streikrekord der Welt hält - eine seit den olympischen Sommerspielen 1976 bekannte Tatsache. Allein 1976 wurden dadurch 11,609.000 Arbeitstage verloren.

Trotz Lohn- und Preiskontrollen kletterten die Preise seit 1974 um mehr als 25 Prozent. All dies läßt es verständlich erscheinen, daß nun der zweite Finanzminister des zweitgrößten Landes der Welt innerhalb von zwei Jahren seine Position aufgab…

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