Das religiöse Angebot hierzulande ist längst so groß geworden wie das Weinangebot. Darum wird die Frage erlaubt sein, woran sich der potentielle Religionskonsument eigentlich orientieren kann. Denn der Konsument hat ebenso längst gemerkt, daß ihm die Pseudotoleranz - „Weil mir jede Religion wurscht ist, sollen sie alle gleichberechtigt sein” - mancher Meinungsmacher nicht weiterhilft. Durch das Gütesiegel weiß der Konsument, was ihn erwartet; und sein Vertrauen gründet sich darauf, daß dieses nach objektiven Kriterien vergeben wird. Allen religiösen und pseudotoleranten Eiferern zum Trotz sei hier festgestellt, daß sich solche objektiven Kriterien auch leicht für Religionen und Konfessionen erstellen lassen.
Zu diesen objektiven Kriterien gehören zuerst einmal die Modalitäten des Eintritts. Offene, ehrliche Werbung ist erlaubt, die Entscheidungsfreiheit der Angesprochenen muß garantiert sein. Jede Manipulation, Nötigung oder Ausnützung persönlicher Notsituationen ist verboten. Ebenso muß jederzeit die Möglichkeit des Verlassens einer Religionsgemeinschaft garantiert sein. Verhindern doch gerade viele Sekten den Austritt durch psychische Erpressung oder dadurch, daß sie ihre Mitglieder in finanzielle Abhängigkeit gebracht haben.
Der Staat wird auch gut daran tun, seine Bürger vor unzumutbaren Geldforderungen der Religionsgemeinschaften zu schützen. Die Entmündigung vieler Sektenmitglieder geschieht eben nicht nur durch „Gehirnwäsche”, sondern auch durch finanzielle Entmündigung.
Nicht nur weil der Calvinismus zu den Wurzeln der europäischen Demokratie gehört - religiöse Organisation darf nicht grundsätzlich antidemokratisch sein. Daher ist auch die ökumenische Gesinnung und die klare Absage an jede religiöse Gewalt unverzichtbar. Diese Offenlegung um der Menschlichkeit willen täte allen gut - einige Gruppen, die sich derzeit so auffällig um die staatliehe Anerkennung bemühen, werden wohl lieber freiwillig auf das „Religionsgütesiegel” verzichten.
