7074295-1993_12_15.jpg
Digital In Arbeit

Dilemma

Werbung
Werbung
Werbung

Die Retrospektive von Martial Raysse im Museum modemer Kunst im Wiener Palais Liechtenstein offenbart ein Dilemma, in das sich die Avantgarde scheinbar unentwirrbar verstrickt hat: Die Arbeiten aus den 60er Jahren, die sich auf die schöne Welt der Kaufhäuser, der Mode, der Kosmetik und der Werbung beziehen, können bei aller Kritik an der hinter den werbeträchtigen Vorbildern stehenden Be-dürfniserweckungs- und -erfüllungs-strategie nicht mehr als formelhaft wirken: Das Zitat ist ein Blickfang, vermag aber die kleinbürgerliche Strategie des Bedürfniszirkus nicht zu zertrümmern. Die Schönen der Mode sind die Anleitung für die angeblich zu kurz Gekommenen. Zuhauf werden sie den Vorbildern nacheifern und eine neue folkloristische Welle mittragen.

In den Arbeiten der 80er Jahre versucht Raysse die Idee einer erzählenden Malerei zu entwickeln. Die Erzählung kann aus einem Stilleben bestehen oder aus Landschaftsbildern, die bisweilen den Übergang zur Karikatur spielerisch schaffen. Wirklich malerisch delikat sind diese Bilder nicht. Auch den großen Atem der Erzählung hat man schon besser (in der technischen Ausführung) und gewichtiger (in der Aussagetiefe) gesehen.

Und trotzdem öffnen sich bei manchen Arbeiten Einsichten, wie beispielsweise bei dem Bild „Georges et le Dragon", auf dem der Drache als Teufel dem eher gesichtslosen Bürokraten gegenübertritt. Während der Teufel dem Bürokraten die Wange streichelt, rammt ihm dieser das Messer durch den Leib.

Besonders ärgerlich ist an dem die Retrospektive begleitenden Buch der meistens ausschließlich französisch gedruckte Text. (Bis 11. April)

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung